Zweite Jah­res­ta­gung der Initia­tive kul­tu­relle Inte­gra­tion: „Inte­gra­tion, Demo­kra­tie und Medien“

Zwei Tage nach den Wah­len in Sach­sen und Bran­den­burg lud am 3. Sep­tem­ber 2019 die Initia­tive kul­tu­relle Inte­gra­tion zur zwei­ten Jah­res­ta­gung in die W. Michael Blu­men­thal Aka­de­mie des Jüdi­schen Muse­ums in Ber­lin ein. Über 150 Teil­neh­me­rin­nen und Teil­neh­mer aus Kul­tur, Poli­tik und betei­lig­ten Krei­sen waren der Ein­la­dung gefolgt, um unter dem Motto „Zusam­men­halt in Viel­falt“ zur Rolle der Medien zu diskutieren.

Fotos: Svea Pietschmann

Die Tagung wurde eröff­net mit einem Poetry Slam von Tanas­gol Sab­bagh, der gleich zu Beginn der Ver­an­stal­tung ein bewe­gen­der Höhe­punkt war.

Anschlie­ßend begrüßte Olaf Zim­mer­mann, Spre­cher der Initia­tive kul­tu­relle Inte­gra­tion und Geschäfts­füh­rer des Deut­schen Kul­tur­ra­tes die Jah­res­ta­gung. Er betonte die Bedeu­tung der 15 The­sen „Zusam­men­halt in Viel­falt“ der Initia­tive kul­tu­relle Inte­gra­tion, die zwei Tage nach den Wahl­er­geb­nis­sen in Bran­den­burg und Sach­sen aktu­el­ler seien denn je. Vor den ver­schie­de­nen poli­ti­schen Jubi­läen und Wah­len in die­sem Jahr habe sich die Initia­tive kul­tu­relle Inte­gra­tion für das Thema „Inte­gra­tion, Demo­kra­tie und Medien“ ent­schie­den, ange­lehnt an die These 6 „Demo­kra­ti­sche Debat­ten- und Streit­kul­tur stärkt die Mei­nungs­bil­dung in einer plu­ra­lis­ti­schen Gesellschaft.“

Olaf Zim­mer­mann for­derte in sei­ner Begrü­ßung einen kla­ren und sach­li­chen Recher­che­jour­na­lis­mus und warnte vor einer Bericht­erstat­tung, die von Aktua­li­tät, Schlag­zeile und Quote getrie­ben und das Ver­trauen auf ihren Wahr­heits­ge­halt einbüße.

Die Schirm­her­rin der Initia­tive kul­tu­relle Inte­gra­tion, Staats­mi­nis­te­rin Prof. Monika Grüt­ters, hob in ihrer Begrü­ßung her­vor, dass die Medien dafür mit­ver­ant­wort­lich seien, „ob wir kul­tu­relle Viel­falt als beängs­ti­gend oder als berei­chernd wahr­neh­men“. Des­halb, so Grüt­ters, benö­tigt jede Form von Viel­falt Ver­stän­di­gung und das Fremde Kom­mu­ni­ka­tion. Der kri­ti­sche Jour­na­lis­mus sei des­halb ein Wäch­ter der Demo­kra­tie und Ver­mitt­ler der Kulturen.

Als Mit­glied der Initia­tive kul­tu­relle Inte­gra­tion begrüßte auch die Prä­si­den­tin des Deut­schen Kul­tur­ra­tes, Prof. Dr. Susanne Keu­chel, die Teil­neh­me­rin­nen und Teil­neh­mer. Sie for­derte vor allem ver­ständ­li­che For­mate für sper­rige kom­plexe The­men, damit auch breite Teile der Bevöl­ke­rung Infor­ma­tio­nen ver­ste­hen kön­nen. „Hier neh­men auch wir als zivil­ge­sell­schaft­li­che Ver­bände eine wich­tige Schlüs­sel­rolle ein.“

In sei­nem Impuls­vor­trag ana­ly­sierte der Tübin­ger Medi­en­wis­sen­schaft­ler, Prof. Dr. Bern­hard Pörk­sen, den „kom­mu­ni­ka­ti­ven Kli­ma­wan­del“ und beschrieb eine spür­bare Wahr­heits- und Ver­trau­ens­krise. Aus sei­ner Sicht sind heute nicht mehr die nur die klas­si­schen Sen­de­un­ter­neh­men Gate­kee­per von Infor­ma­tio­nen. Durch die neuen Medien sei jeder zum Sen­der gewor­den und der Ein­fluss des eta­blier­ten Jour­na­lis­mus geschwun­den. Medi­en­mün­dig­keit sei zur Exis­tenz­frage der Demo­kra­tie gewor­den. Daher for­derte er in sei­nem Vor­trag drei Prin­zi­pien für eine redak­tio­nelle Gesell­schaft: ein Schul­fach für den Umgang mit Medien, recher­chier­ter, der Wahr­heit ver­pflich­te­ter Jour­na­lis­mus sowie ein „Platt­form­rat“, wel­cher Regeln für Platt­form­be­trei­ber und -nut­zer festlegt.

Das anschlie­ßende Panel mit Ver­tre­te­rin­nen und Ver­tre­tern ver­schie­de­ner Sen­de­un­ter­neh­men (Philip Banse, Hans-Peter Hage­mes, Prof. Dr. Marc Liesching, Patri­cia Schle­sin­ger und Olaf Zim­mer­mann) dis­ku­tierte ange­regt unter der Lei­tung von Bar­bara Scherle über die Bedeu­tung der Medien für den demo­kra­ti­schen Dis­kurs. Ins­be­son­dere die For­de­rung von Prof. Pörk­sen nach einer Hin­wen­dung zu einem kla­ren und fak­ten­ori­en­tie­ren Recher­che­jour­na­lis­mus wurde von allen Panelis­ten geteilt. Auch der Ver­tre­ter der Sozia­len Medien schloss einen der Wahr­heit ver­pflich­te­ten Jour­na­lis­mus in den Sozia­len Medien nicht aus. Vor dem Hin­ter­grund der Wahl­er­geb­nisse in Bran­den­burg und Sach­sen wie­der­holte Olaf Zim­mer­mann seine These, dass man ins­be­son­dere in den Talk­shows nicht jedem Res­sen­ti­ment eine öffent­li­che Bühne bauen sollte, da eine sol­che Über­auf­merk­sa­ma­keit zu Über­be­deu­tung führe. Diese Annahme hatte letzt­lich auch den Anlass für die Stu­die der Otto-Bren­ner-Stif­tung „Agenda Set­ting in ARD und ZDF“ gege­ben. Die For­de­rung nach mehr Diver­si­tät in den Medien, die vom Publi­kum geäu­ßert wurde, nahm die Inten­dan­tin des rbb auf, um dar­auf hin­zu­wei­sen, dass sich hierzu in den öffent­lich-recht­li­chen Sen­de­un­ter­neh­men in Bewe­gung befinde.

Den Nach­mit­tag eröff­nete Fai­sal Hamdo mit einer kur­zen Lesung aus sei­nem Buch „Fern von Aleppo. Wie ich als Syrer in Deutsch­land lebe“. Seine Aus­füh­run­gen nah­men unter ande­rem die Bedeu­tung von kul­tu­rel­len Gepflo­gen­hei­ten für die Inte­gra­tion auf, ein Thema, das auch in der anschlie­ßen­den Dis­kus­sion mit Ver­tre­tern von Redak­teu­ren und Jour­na­lis­ten der aus­län­di­schen Presse sowie diver­ser Migran­ten-Por­tale (Bor­han Akid, Kha­lid Ala­boud, Ekrem Şenol, Pas­cal Thibaut) mode­riert von Hans Jes­sen rege wei­ter dis­ku­tiert wurde. Abseits des­sen waren sich alle Teil­neh­mer des Nach­mit­tags darin einig, dass die Spra­che die Basis für jeg­li­che Form der Inte­gra­tion dar­stelle. Inte­gra­tion dürfe aber nie eine Ein­bahn­straße sein. Dazu for­der­ten die Teil­neh­mer, sie als Indi­vi­duen und Men­schen wahr­zu­neh­men und nicht nur als Migran­ten und Geflüchtete.


  • Das voll­stän­dige Tagungs­pro­gramm fin­den Sie hier.
Von |2022-02-08T16:01:25+01:00Juni 13th, 2019|Kommentare deaktiviert für Zweite Jah­res­ta­gung der Initia­tive kul­tu­relle Inte­gra­tion: „Inte­gra­tion, Demo­kra­tie und Medien“