In jeder Schulklasse befinden sich statistisch drei bis fünf queere Schüler:innen. Aktuelle Umfragen zeigen zudem, dass der Bevölkerungsanteil der Menschen, die sich im queeren Spektrum einordnen, immer größer wird. Jedoch bleiben queere Schüler:innen in der Schulgemeinschaft häufig unsichtbar. Aus Angst vor Diskriminierung vermeiden knapp zwei Drittel der queeren Schüler:innen ein Outing in der Schule. Und diese Angst ist begründet. 80% der queeren Schüler:innen erleben Diskriminierung und Ausgrenzung, was beträchtliche Auswirkungen auf ihre Bildungs- und Entwicklungsmöglichkeiten hat. So weisen queere Jugendliche im Vergleich zu nicht-queeren Jugendlichen ein höheres Depressionsrisiko, eine höhere Suizidgefährdung, ein größeres Risiko an Angststörungen zu erkranken sowie einen höheren Substanzmissbrauch auf. Das erhöhte Gesundheitsrisiko hat negative Auswirkungen auf die schulischen Leistungen von queeren Jugendlichen.
Bereits im Jahr 2014 forderte daher der Niedersächsische Landtag mit seinem Entschließungsantrag „Schule muss der Vielfalt sexueller und geschlechtlicher Identitäten gerecht werden – Persönlichkeitsentwicklung der Kinder und Jugendlichen fördern – Diskriminierung vorbeugen“ eine Reihe von Maßnahmen zur Akzeptanzsteigerung und zum Diskriminierungsabbau für queere Schüler:innen. Schulen stehen somit in der Verantwortung, sich im Sinne einer Querschnittsaufgabe aktiv für die Beseitigung von Diskriminierung einzusetzen und eine diskriminierungsfreie Bildung für alle anzustreben.
Das Landesnetzwerk „Schule der Vielfalt* Niedersachsen“, welches 2020 ehrenamtlich durch engagierte Lehrkräfte und Fachkräfte aus der queeren Pädagogik gegründet wurde, unterstützt Schulen mit seinem Label-Angebot genau diese Aufgaben umzusetzen. „Schule der Vielfalt* Niedersachsen“ schafft Vernetzung mit anderen Projektschulen, bietet bundesweit abgestimmte Qualitätsstandards und deren Implementierung in der Schulorganisation und –kultur. Damit begleitet „Schule der Vielfalt* Niedersachsen“ langfristig die Projektschulen bei ihrer Entwicklung hin zu einer diversitätssensiblen und diskriminierungsarmen Schulrealität.
Projektziele und Umsetzung
Zur Erreichung dieser Ziele vergibt das Projekt den Titel „Wir sind Schule der Vielfalt*“ an niedersächsische Schulen, welche sich hierauf beworben haben und welche die Kriterien und Qualitätsstandards für „Schule der Vielfalt*“-Projektschulen erfüllen. Die Schulen erhalten eine entsprechende Siegelplakette und müssen in den Folgejahren eine Anzahl von durchgeführten Maßnahmen nachweisen, welche der Erreichung der Gesamtziele des Projektes dienen. Das Projekt begleitet die Schulen dabei die folgenden Aufgaben umzusetzen:
- Sensibilisierung und aktive Auseinandersetzung von Schüler*innen, Lehrkräften, Schulleitung und anderem pädagogischen Personal mit der Vielfalt sexueller und romantischer Orientierungen sowie geschlechtlicher Identitäten
- Förderung der Akzeptanz der Vielfalt sexueller Orientierungen sowie geschlechtlicher Identitäten im schulischen Raum bei Schulleitungen, Lehrkräften, Schüler*innen und Elternschaft
- Abbau von Diskriminierung und Mobbing aufgrund sexueller Orientierung sowie geschlechtlicher Identität im schulischen Kontext
- Strukturelle Verankerung der Thematik als Querschnittsthema in Schule, Schulverwaltung sowie Aus- und Fortbildung von Lehrkräften
- Vernetzung mit anderen Schulen und Schaffung von gegenseitigen Unterstützungs- und Austauschmöglichkeiten
- langfristige Begleitung von Schulentwicklung durch dauerhafte Implementierung der Qualitätsstandards in der Schulorganisation und –kultur
Zur Unterstützung der Projektschulen wird „Schule der Vielfalt* Niedersachsen“ folgende weitere Maßnahmen anbieten:
- Individuelle Beratung und Unterstützung von Projektschulen zur Implementation der Qualitätsstandards in Unterricht, Projektarbeit und Schulprogramm
- Unterstützung bei der Organisation und Durchführung von Fachvorträgen, Fortbildungsangeboten und Veranstaltungen für Lehrkräfte und Schulen, insbesondere in Zusammenarbeit mit den Regionalkoordinationen für geschlechtliche und sexuelle Vielfalt
- Projektbezogene und fachliche Kampagnen und Öffentlichkeitsarbeit
- Unterstützung, Vernetzung und Aufzeigen von Qualifizierungsangeboten von schulischen Ansprechpersonen zum Thema
Das Projekt wird durch das Niedersächsische Kultusministerium, das QNN | Queeres Netzwerk Niedersachsen und die GEW – Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft gefördert sowie durch verschiedene Kooperationspartner*innen unterstützt.
Weitere Informationen zum Projekt finden Sie hier.