Lae­ti­tia Colom­bani: Das Haus der Frauen

Blan­che Pey­ron – schon mal gehört? Nein? Dann mer­ken Sie sich den Namen jetzt, bitte: Die fran­zö­si­sche Heils­ar­mee-Offi­zie­rin grün­dete 1926 unter abso­lu­ter Selbst­auf­gabe zuguns­ten der Hilfe ande­rer den „Palais de la Femme“ in Paris, eines der ers­ten Frau­en­häu­ser über­haupt. Ihr Taten­drang, der Anfang des 20. Jahr­hun­derts so „unweib­lich“ schien, schützt und unter­stützt bis heute mit der Grün­dung eines Frau­en­hau­ses zahl­rei­che in Not gera­tene Frauen und schuf so einen Mei­len­stein der fran­zö­si­schen, ja, der euro­päi­schen Geschichte. 

Die fran­zö­si­sche Autorin Lae­ti­tia Colom­bani erzählt in ihrem neuen Roman die Geschichte von Blan­che Pey­ron, in dem sie diese von ihrer Prot­ago­nis­tin – der Pari­ser Star­an­wäl­tin Soléne – auf­schrei­ben lässt. Die Hand­lung ist schnell erzählt: Soléne erlei­det nach dem Tod eines Man­dan­ten, den sie nach einem Pro­zess mit­er­lebt, einen Zusam­men­bruch. Teil ihrer The­ra­pie ist die Emp­feh­lung, sich ehren­amt­lich zu enga­gie­ren. So kommt sie als Brie­fe­schrei­be­rin in den „Palais de la Femme“. Mit jedem für die Bewoh­ne­rin­nen ver­fass­ten Brief wird sie mehr in die Gemein­schaft der Frauen, die dort leben, inte­griert und erschließt Stück für Stück die Per­son Blan­che Pey­ron, die sie letzt­lich in Buch­form nie­der­schreibt.  

„Das Haus der Frauen“ ist schnell gele­sen, erscheint an man­cher Stelle ein wenig „ein­fach“ und bedient hin und wie­der ein Kli­schee zu viel. Viel­leicht ist es sowohl sti­lis­tisch als auch erzäh­le­risch kein Roman von Welt­rang, doch er erzählt defi­ni­tiv eine Geschichte von Welt­rang – näm­lich die von Blan­che Pey­ron, die heute nahezu ver­ges­sen scheint. Allein des­halb ist Colom­ba­nis zwei­tes Buch lesens­wert – aber auch, weil es ganz neben­bei die nicht min­der bewe­gen­den Geschich­ten von in Not gera­te­nen Frauen erzählt, die lei­der tag­täg­lich über­all auf der Welt pas­sie­ren und es wert sind, erzählt zu wer­den – auch damit sie nicht wie­der und wie­der gesche­hen. 

The­resa Brüh­eim 

Lae­ti­tia Colom­bani. Das Haus der Frauen. Frank­furt am Main 2020 

Von |2020-11-04T17:44:36+01:00November 4th, 2020|Rezension|Kommentare deaktiviert für Lae­ti­tia Colom­bani: Das Haus der Frauen
Theresa Brüheim ist Referentin für Kommunikation beim Deutschen Kulturrat und Chefin vom Dienst bei Politik & Kultur.