Theresa Brüheim 4. November 2020 Logo_Initiative_print.png

Lae­ti­tia Colom­bani: Das Haus der Frauen

Blanche Peyron – schon mal gehört? Nein? Dann merken Sie sich den Namen jetzt, bitte: Die französische Heilsarmee-Offizierin gründete 1926 unter absoluter Selbstaufgabe zugunsten der Hilfe anderer den „Palais de la Femme“ in Paris, eines der ersten Frauenhäuser überhaupt. Ihr Tatendrang, der Anfang des 20. Jahrhunderts so „unweiblich“ schien, schützt und unterstützt bis heute mit der Gründung eines Frauenhauses zahlreiche in Not geratene Frauen und schuf so einen Meilenstein der französischen, ja, der europäischen Geschichte. 

Die französische Autorin Laetitia Colombani erzählt in ihrem neuen Roman die Geschichte von Blanche Peyron, in dem sie diese von ihrer Protagonistin – der Pariser Staranwältin Soléne – aufschreiben lässt. Die Handlung ist schnell erzählt: Soléne erleidet nach dem Tod eines Mandanten, den sie nach einem Prozess miterlebt, einen Zusammenbruch. Teil ihrer Therapie ist die Empfehlung, sich ehrenamtlich zu engagieren. So kommt sie als Briefeschreiberin in den „Palais de la Femme“. Mit jedem für die Bewohnerinnen verfassten Brief wird sie mehr in die Gemeinschaft der Frauen, die dort leben, integriert und erschließt Stück für Stück die Person Blanche Peyron, die sie letztlich in Buchform niederschreibt.  

„Das Haus der Frauen“ ist schnell gelesen, erscheint an mancher Stelle ein wenig „einfach“ und bedient hin und wieder ein Klischee zu viel. Vielleicht ist es sowohl stilistisch als auch erzählerisch kein Roman von Weltrang, doch er erzählt definitiv eine Geschichte von Weltrang – nämlich die von Blanche Peyron, die heute nahezu vergessen scheint. Allein deshalb ist Colombanis zweites Buch lesenswert – aber auch, weil es ganz nebenbei die nicht minder bewegenden Geschichten von in Not geratenen Frauen erzählt, die leider tagtäglich überall auf der Welt passieren und es wert sind, erzählt zu werden – auch damit sie nicht wieder und wieder geschehen. 

Theresa Brüheim 

Laetitia Colombani. Das Haus der Frauen. Frankfurt am Main 2020 

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