Abbas Khi­der: Palast der Miserablen

Aus einer unter­ir­di­schen Gefäng­nis­zelle her­aus beginnt die Geschichte des Ich-Erzäh­lers Shams Hus­sein in Abbas Khi­ders aktu­el­lem Buch
„Palast der Mise­ra­blen“. Immer wie­der nimmt Khi­der den Leser mit in diese beängs­ti­gende, aus Fol­ter bestehende Dun­kel­heit. Par­al­lel berich­tet er von Shams Kind­heit im Süden des Iraks, vom Krieg, der Flucht der Fami­lie nach Bag­dad und über das Auf­wach­sen im Blech­vier­tel in dem von Sad­dam Hus­sein beherrsch­ten Land.

Aus dem Stre­ben nach einer bes­se­ren Zukunft wird für die Fami­lie ein Leben in exis­ten­zi­el­ler Not. Scho­nungs­los beschreibt Khi­der die herr­schende Armut und den All­tag in einer Dik­ta­tur, in der ein fal­sches Wort den Tod bedeu­ten kann. Aber auch die glück­li­chen und hoff­nungs­vol­len Momente der Fami­lie beschreibt der Autor leben­dig und per­sön­lich, mit Cha­rak­te­ren, die in Erin­ne­rung bleiben.

Zuflucht fin­det der lite­ra­tur­be­geis­terte Shams, der sowohl als Plas­tik­tü­ten­ver­käu­fer am Basar, Bus­fah­rer­ge­hilfe und Las­ten­trä­ger ver­sucht, seine Fami­lie finan­zi­ell zu unter­stüt­zen, im „Palast der Mise­ra­blen“ – ein Lite­ra­tur­zir­kel, der sich heim­lich in der Woh­nung eines Blin­den trifft. Die Lei­den­schaft und Liebe für Lite­ra­tur bie­tet dem jun­gen Shams neue Per­spek­ti­ven, wird aber letzt­end­lich zu sei­nem Verhängnis.

Khi­ders Erzäh­lun­gen sind authen­tisch und auf­wüh­lend, denn er ver­brachte vor sei­ner Flucht aus dem Irak selbst zwei Jahre im Gefäng­nis in Bag­dad, weil er Flug­blät­ter gegen Sad­dam Hus­sein ver­teilt hatte. Ein lesens­wer­tes und ergrei­fen­des Buch, das den Leser in der Dun­kel­heit zurück­lässt, denn: Happy End – Ach­tung, Spoi­ler – lei­der ausgeschlossen.

Maike Kar­ne­bo­gen

Abbas Khi­der. Palast der Mise­ra­blen. Mün­chen 2020

Von |2020-10-26T13:11:37+01:00Oktober 5th, 2020|Rezension|Kommentare deaktiviert für Abbas Khi­der: Palast der Miserablen
Maike Karnebogen ist Redaktionsassistentin für die Zeitung Politik & Kultur beim Deutschen Kulturrat.