Maike Karnebogen 5. Oktober 2020 Logo_Initiative_print.png

Abbas Khi­der: Palast der Miserablen

Aus einer unterirdischen Gefängniszelle heraus beginnt die Geschichte des Ich-Erzählers Shams Hussein in Abbas Khiders aktuellem Buch
„Palast der Miserablen“. Immer wieder nimmt Khider den Leser mit in diese beängstigende, aus Folter bestehende Dunkelheit. Parallel berichtet er von Shams Kindheit im Süden des Iraks, vom Krieg, der Flucht der Familie nach Bagdad und über das Aufwachsen im Blechviertel in dem von Saddam Hussein beherrschten Land.

Aus dem Streben nach einer besseren Zukunft wird für die Familie ein Leben in existenzieller Not. Schonungslos beschreibt Khider die herrschende Armut und den Alltag in einer Diktatur, in der ein falsches Wort den Tod bedeuten kann. Aber auch die glücklichen und hoffnungsvollen Momente der Familie beschreibt der Autor lebendig und persönlich, mit Charakteren, die in Erinnerung bleiben.

Zuflucht findet der literaturbegeisterte Shams, der sowohl als Plastiktütenverkäufer am Basar, Busfahrergehilfe und Lastenträger versucht, seine Familie finanziell zu unterstützen, im „Palast der Miserablen“ – ein Literaturzirkel, der sich heimlich in der Wohnung eines Blinden trifft. Die Leidenschaft und Liebe für Literatur bietet dem jungen Shams neue Perspektiven, wird aber letztendlich zu seinem Verhängnis.

Khiders Erzählungen sind authentisch und aufwühlend, denn er verbrachte vor seiner Flucht aus dem Irak selbst zwei Jahre im Gefängnis in Bagdad, weil er Flugblätter gegen Saddam Hussein verteilt hatte. Ein lesenswertes und ergreifendes Buch, das den Leser in der Dunkelheit zurücklässt, denn: Happy End – Achtung, Spoiler – leider ausgeschlossen.

Maike Karnebogen

Abbas Khider. Palast der Miserablen. München 2020

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