Aus den Com­mu­ni­ties für die Communities

Drei Fra­gen an Hand­book Germany

Hand­book Ger­many, ein Pro­jekt der Neuen deut­schen Medienmacher*innen, ist ein mehr­spra­chi­ges Infor­ma­ti­ons­por­tal das eng mit der eige­nen Ziel­gruppe zusam­men­ar­bei­tet, um die­ser das Ankom­men in Deutsch­land zu erleich­tern. The­resa Brüh­eim fragt nach bei der Redak­ti­ons­lei­te­rin Mos­j­kan Ehrari, wie das funktioniert.

The­resa Brüh­eim: Was ist Hand­book Ger­many? Was kann man sich unter einem Hand­book zu Deutsch­land vorstellen?
Mos­j­kan Ehrari: Wir sind digi­tal und inte­gra­tiv. Geflüch­tete und alle, die neu in Deutsch­land sind, fin­den auf dem zen­tra­len deutsch­land­wei­ten Web­por­tal handbookgermany.de detail­rei­che Infor­ma­tio­nen zu all­tags­re­le­van­ten Fra­gen in mitt­ler­weile sie­ben Spra­chen. Bestehende Infor­ma­ti­ons- und Unter­stüt­zungs­an­ge­bote von Behör­den, Orga­ni­sa­tio­nen und Initia­ti­ven wer­den gebün­delt und von unse­rem mehr­spra­chi­gen Redak­ti­ons­team aus Jour­na­lis­ten mit zumeist eige­ner Flucht­ge­schichte in Ara­bisch, Dari/Farsi, Eng­lisch Deutsch, Tür­kisch, Fran­zö­sisch und Paschto ziel­grup­pen­ge­recht und bedürf­nis­ori­en­tiert auf­ge­ar­bei­tet und so für die Ori­en­tie­rungs­su­chen­den auf­find­bar gemacht. Dabei bie­tet Hand­book Ger­many Infor­ma­tio­nen zu auf­ent­halts­recht­li­chen und ande­ren Rechts­fra­gen, aber auch zu den The­men­be­rei­chen Arbeit, Bil­dung, Leben, Gesund­heit und Fami­lie sowie Woh­nen an. Da unsere Ziel­grup­pen vor­nehm­lich mobil ins Inter­net gehen, ist handbookgermany.de für die Nut­zung mit Smart­phones aus­ge­rich­tet. Auch unsere auf­su­chende Infor­ma­ti­ons­ar­beit in den sozia­len Medien hat zum Ziel, unsere Ziel­grup­pen dort zu errei­chen, wo sie sich auf­hal­ten, um mit ihnen über ihre Bedürf­nisse zu kommunizieren.

Hand­book Ger­many ist ein Infor­ma­ti­ons­por­tal aus den Com­mu­ni­ties für die Com­mu­ni­ties geflüch­te­ter Men­schen. Wel­cher Gedanke steht dahin­ter? Wieso ist das „Mit­ein­an­der“ hier beson­ders wichtig?
Viele Men­schen aus Dritt­staa­ten, die jetzt in Deutsch­land leben, kom­men aus Län­dern, die eine wie in Deutsch­land bestehende Bera­tungs- und Unter­stüt­zungs­land­schaft nicht ken­nen. Etli­che der hie­si­gen Ange­bote wer­den von ihnen kaum genutzt. Dabei spie­len auch Fra­gen wie „Wem kann ich ver­trauen?« und »Wer spricht meine Spra­che?“ eine bedeu­tende Rolle. Es wird lie­ber inner­halb der eige­nen Com­mu­nity nach Ant­wor­ten gesucht. Darum ist es uns auch so wich­tig, dass die Jour­na­lis­ten, aber auch die Pro-tago­nis­ten in unse­ren Videos aus den Com­mu­ni­ties kom­men. Sie spre­chen die glei­che Spra­che und ken­nen die vie­len Hür­den und Inte­gra­ti­ons­etap­pen. Sie haben die Phase des An­kommens, des Sprach­er­werbs und der Suche nach All­tags­nor­ma­li­tät oft selbst erlebt. Es fin­det eine Kom­mu­ni­ka­tion auf Augen­höhe statt, die für die Ver­trau­ens­wür­dig­keit bedeu­tend ist. Wir pas­sen uns dem Nut­zungs­ver­hal­ten der Com­mu­ni­ties an, denn diese suchen online nach Ant­wor­ten, z. B. in Face­book-, Whats­App- und Tele­gram-Grup­pen. Darum sind die Social-Media-Kanäle von Hand­book Ger­many so bedeu­tend. Denn hier sind wir nicht anonym. Wir sind so was, wie ihre digi­tale Ver­wandt­schaft. Hand­book Ger­many steht im direk­ten Aus­tausch mit den Communities.

Inwie­weit ist Hand­book Ger­many ein Aus­druck von Demo­kra­tie und Inte­gra­tion? Was genau leis­tet es dafür – auch in Zukunft?
Viele digi­tale Ange­bote sind neben der feh­len­den Mehr­spra­chig­keit zumeist mono­the­ma­tisch aus­ge­rich­tet. Die Fra­ge­stel­lun­gen von Rat­su­chen­den sind jedoch oft sehr kom­plex. Ein Groß­teil der neu ange­kom­me­nen Men­schen hat Fra­gen zu einer gan­zen Band­breite von The­men, die sich zum Teil überschneiden. Dass z. B. die Arbeits­er­laub­nis mit dem Auf­ent­halts­ti­tel zusammenhängt, eine Aus­bil­dung die eige­nen Zukunfts­chan­cen auf einen bes­se­ren Auf­ent­halts­ti­tel erhö­hen kann oder die Anmie­tung von Wohn­raum von den eige­nen Einkünften abhängt, muss erst ein­mal ver­mit­telt wer­den. Durch unsere Infor­ma­tio­nen geben wir den Men­schen die Mög­lich­keit, sys­te­mi­sche Zusam­men­hänge zu ver­ste­hen, behörd­li­ches Zusam­men­spiel zu erken­nen sowie eige­nes Wis­sen zu erlan­gen und für sich eine infor­mierte Ent­schei­dung zu tref­fen. Wenn der Mensch Wahl- und Hand­lungs­mög­lich­kei­ten erfährt und ermäch­tigt wird, diese zu nut­zen, ist er Bestand­teil von demo­kra­ti­schen und inte­gra­ti­ven Pro­zes­sen. Auf die­sem Weg möch­ten wir auch in Zukunft Neu­zu­ge­wan­derte, sei es als Schutz­su­chende oder als Fach­kraft, aus einem Dritt­land in noch mehr Spra­chen beglei­ten und ihnen mit bedürf­nis­ge­rech­ten, pro­fes­sio­nel­len und ver­läss­li­chen Infor­ma­tio­nen die gleich­be­rech­tigte Teil­habe am sozia­len, kul­tu­rel­len, wirt­schaft­li­chen und poli­ti­schen Leben in Deutsch­land möglich machen.

Vie­len Dank.

Die­ses Inter­view ist zuerst erschie­nen in Poli­tik & Kul­tur 11/2019.

Von |2019-10-29T14:26:59+01:00Oktober 29th, 2019|Medien|Kommentare deaktiviert für

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Drei Fra­gen an Hand­book Germany

Mosjkan Ehrari ist Projekt- und Redaktionsleitung von Handbook Germany. Theresa Brüheim ist Chefin vom Dienst von Politik & Kultur.