Yis­hai Sarid: Monster

Mons­ter, so lau­tet der in die­sem Jahr in Über­set­zung von Ruth Ach­lama erschie­nene Roman des israe­li­schen Schrift­stel­lers Yis­hai Sarid. Gegen­stand des Romans ist ein Brief des Ich-Erzäh­lers an den Lei­ter der Holo­caust-Gedenk­stätte Yad Vas­hem in Jeru­sa­lem, in dem er schil­dert, dass er nicht mehr könne und sei­nen Beruf auf­ge­ben müsse. Dabei brei­tet Sarid die aka­de­mi­sche Lauf­bahn des Ich-Erzäh­lers aus.

Gleich zu Beginn schil­dert er, dass er zur Holo­caust-For­schung aus prag­ma­ti­schen Grün­den gekom­men sei, eigent­lich eine Kar­riere im diplo­ma­ti­schen Dienst ange­strebt habe, sich nach dem Schei­tern der Lauf­bahn­prü­fung auf die Geschichte in Fern­ost kon­zen­trie­ren wollte und dann doch, weil es ihm gelang, inner­halb kur­zer Zeit Fak­ten zu ord­nen und zu sys­te­ma­ti­sie­ren, bei der Holo­caust-For­schung lan­dete. Sein Haupt­ar­beits­ge­biet wurde, israe­li­sche Besu­cher durch die KZ-Gedenk­stät­ten in Polen zu führen.

Der Roman kreist um die Frage, wie noch heute mit dem Holo­caust ein Geschäft gemacht wird. Ein Geschäft, weil das Geden­ken, die Beschäf­ti­gung mit dem Holo­caust, Men­schen Arbeit sichert. Ein Geschäft, weil sich rein­ge­wa­schen wer­den soll. Ein Geschäft, weil längst in Büchern, in Fil­men und in Spie­len der Holo­caust zum Gegen­stand gewor­den ist und mit der künst­le­ri­schen Ver­ar­bei­tung Geld ver­dient wird.

Sarid setzt dies alles unmit­tel­bar in Bezie­hung zu den Orten selbst. Er lässt sie spre­chen und erweckt so die Geis­ter zum Leben. Dabei gibt es durch­aus komi­sche Momente, wenn Sarid die ver­zwei­felte Suche nach leben­den Zeit­zeu­gen schil­dert, die die anstren­gende Reise an den Ort ihrer Pei­ni­gung im wahrs­ten Sinne des Wor­tes überleben.
Der Roman ist schmal und sehr dicht in einer lako­ni­schen Spra­che erzählt. Er geht in sei­ner Scho­nungs­lo­sig­keit unter die Haut und lässt den Leser zurück mit der Frage, wie kann, wie soll erin­nert wer­den. Diese lite­ra­ri­sche Aus­ein­an­der­set­zung mit der nicht nach­las­sen­den Frage, wie kann Erin­ne­rung im immer grö­ßer wer­den­den Abstand zu den Gräu­eln der NS-Herr­schaft aktu­ell ver­mit­telt wer­den, ist sehr empfehlenswert.

Gabriele Schulz

Yis­hai Sarid. Mons­ter. Aus dem Hebräi­schen von Ruth Ach­lama. Zürich-Ber­lin 2019

Von |2019-12-06T11:28:50+01:00Juni 14th, 2019|Rezension|Kommentare deaktiviert für Yis­hai Sarid: Monster
Gabriele Schulz ist Stellvertretende Geschäftsführerin des Deutschen Kulturrates.