Gabriele Schulz 14. Juni 2019 Logo_Initiative_print.png

Yis­hai Sarid: Monster

Monster, so lautet der in diesem Jahr in Übersetzung von Ruth Achlama erschienene Roman des israelischen Schriftstellers Yishai Sarid. Gegenstand des Romans ist ein Brief des Ich-Erzählers an den Leiter der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem, in dem er schildert, dass er nicht mehr könne und seinen Beruf aufgeben müsse. Dabei breitet Sarid die akademische Laufbahn des Ich-Erzählers aus.

Gleich zu Beginn schildert er, dass er zur Holocaust-Forschung aus pragmatischen Gründen gekommen sei, eigentlich eine Karriere im diplomatischen Dienst angestrebt habe, sich nach dem Scheitern der Laufbahnprüfung auf die Geschichte in Fernost konzentrieren wollte und dann doch, weil es ihm gelang, innerhalb kurzer Zeit Fakten zu ordnen und zu systematisieren, bei der Holocaust-Forschung landete. Sein Hauptarbeitsgebiet wurde, israelische Besucher durch die KZ-Gedenkstätten in Polen zu führen.

Der Roman kreist um die Frage, wie noch heute mit dem Holocaust ein Geschäft gemacht wird. Ein Geschäft, weil das Gedenken, die Beschäftigung mit dem Holocaust, Menschen Arbeit sichert. Ein Geschäft, weil sich reingewaschen werden soll. Ein Geschäft, weil längst in Büchern, in Filmen und in Spielen der Holocaust zum Gegenstand geworden ist und mit der künstlerischen Verarbeitung Geld verdient wird.

Sarid setzt dies alles unmittelbar in Beziehung zu den Orten selbst. Er lässt sie sprechen und erweckt so die Geister zum Leben. Dabei gibt es durchaus komische Momente, wenn Sarid die verzweifelte Suche nach lebenden Zeitzeugen schildert, die die anstrengende Reise an den Ort ihrer Peinigung im wahrsten Sinne des Wortes überleben.
Der Roman ist schmal und sehr dicht in einer lakonischen Sprache erzählt. Er geht in seiner Schonungslosigkeit unter die Haut und lässt den Leser zurück mit der Frage, wie kann, wie soll erinnert werden. Diese literarische Auseinandersetzung mit der nicht nachlassenden Frage, wie kann Erinnerung im immer größer werdenden Abstand zu den Gräueln der NS-Herrschaft aktuell vermittelt werden, ist sehr empfehlenswert.

Gabriele Schulz

Yishai Sarid. Monster. Aus dem Hebräischen von Ruth Achlama. Zürich-Berlin 2019

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