„Mama, was ist eine Metapher?“ – Sich an grammatikalischen Fragen entlanghangelnd geht Tahsim Durgun, Sohn aus der Türkei geflüchteter jesidischer Kurden, der Sprachgewandtheit seiner Mutter auf den Grund. Auf Kurdisch vermag sie sich geschickt auszudrücken, während sie sich, sobald die deutsche Sprache im Spiel ist, hilfesuchend an Tahsim wendet. So geht es in diesem Buch auch um seine eigene Rolle in der Familie. Mit seiner Geschichte erzählt Tashim die Geschichte vieler Töchter und Söhne, die ihre Kindheit mit dem Übersetzen in Ausländerbehörden und einer großen Portion Unsicherheit verbracht haben und dazu angehalten sind, die Träume ihrer Eltern zu leben. Lange versucht der junge Tahsim, dem deutschen „Wir“ zugehörig zu werden und lässt sich, um dazuzugehören, sogar im christlich geprägten Unterricht wie Jesus die Füße waschen. Die Waschung übernimmt eine Mitschülerin, deren Mutter er später gedemütigt in der Ausländerbehörde gegenübersitzt – effektiver als jeder Deutsch-Förderkurs. In erster Linie ist „Mama, bitte lern Deutsch“ ein Liebesbrief an die Mutter und der Versuch, ihre Situation nachzuvollziehen und für andere nachvollziehbar zu machen. Die harte Arbeit als Putzkraft für andere und im eigenen Sechs-Personen-Haushalt bringt im Zusammenhang mit ihrer Migrationsgeschichte keine Anerkennung, sondern Ablehnung und Isolation: „Wer hätte mir Deutsch beibringen sollen? Etwa dieser Tisch hier?“ Dabei ereignet sich der beschriebene Eingliederungsversuch der Durguns noch zu einer Zeit vor der Gründung der AfD und dem massiven Rechtsruck in Deutschland. Tahsim Durgun hat über TikTok Bekanntheit erlangt und ist längst Teil der deutschen Medienlandschaft.
Sina Rothert
Dieser Text ist zuerst erschienen in Politik & Kultur 6/2025.