Jüdi­sches Leben in Deutsch­land im Span­nungs­feld zwi­schen Anpas­sung und Autonomie

Fach­ta­gung am 18. Novem­ber 2024 im Jüdi­schen Museum in Frank­furt am Main

Ber­lin, den 19.11.2024. Unter dem Titel „Jüdi­sches Leben in Deutsch­land im Span­nungs­feld zwi­schen Anpas­sung und Auto­no­mie“ fand ges­tern die Fach­ta­gung der Initia­tive kul­tu­relle Inte­gra­tion im Jüdi­schen Museum in Frank­furt am Main statt. Über 100 Gäste aus Poli­tik, Kul­tur und Zivil­ge­sell­schaft – unter ihnen als Koope­ra­ti­ons­part­ner der Beauf­tragte der Bun­des­re­gie­rung für jüdi­sches Leben in Deutsch­land und den Kampf gegen Anti­se­mi­tis­mus, Dr. Felix Klein, der Prä­si­dent des Zen­tral­rats der Juden in Deutsch­land Dr. Josef Schus­ter sowie Olaf Zim­mer­mann, Spre­cher der Initia­tive kul­tu­relle Inte­gra­tion und Geschäfts­füh­rer des Deut­schen Kul­tur­ra­tes – befass­ten sich mit Fra­ge­stel­lun­gen zu der Lebens­rea­li­tät von Jüdin­nen und Juden in Deutsch­land ins­be­son­dere nach dem 7. Okto­ber 2023.

Die gest­rige Fach­ta­gung fand im Rah­men des von der Beauf­trag­ten der Bun­des­re­gie­rung für Kul­tur und Medien geför­der­ten „Akti­ons­tags Halle“ statt. Er wird seit 2020 jedes Jahr in Erin­ne­rung an den Anschlag auf die Syn­agoge in Halle (Saale) am 9. Okto­ber 2019 aus­ge­rich­tet. 2020 gab es den Foto­wett­be­werb „Zusam­men­halt in Viel­falt – Jüdi­scher All­tag in Deutsch­land“, 2021 den The­men­tag „Medi­en­bild im Wan­del: Jüdin­nen und Juden in Deutsch­land“, 2022 den Schreib­wett­be­werb „L’Chaim: Schreib zum jüdi­schen Leben in Deutsch­land!“ und im ver­gan­ge­nen Jahr den Poetry-Slam Wett­be­werb „Slammt Tache­les! Poetry-Slam zum jüdi­schen Leben in Deutsch­land“.

Kul­tur­staats­mi­nis­te­rin Clau­dia Roth: „Der ‚Akti­ons­tag Halle‘ hat in den ver­gan­ge­nen fünf Jah­ren gezeigt, wie leben­dig und viel­fäl­tig jüdi­sches Leben in Deutsch­land ist und dass es ganz selbst­ver­ständ­lich zu unse­rer Gesell­schaft gehört. Doch nach dem grau­sa­men Ter­ror­an­schlag der Hamas am 7. Okto­ber 2023 haben die Anfein­dun­gen gegen jüdi­sche Men­schen auch in Deutsch­land dra­ma­tisch zuge­nom­men. Das ist beschä­mend. Unter die­sen Vor­zei­chen ist es fol­ge­rich­tig, dass die Fach­ta­gung neben der Sicht­bar­keit vor allem auch die Sicher­heit jüdi­scher Men­schen in Deutsch­land – ohne fal­sche Anpas­sungs­zwänge – in den Mit­tel­punkt stellt. Im Kampf gegen Anti­se­mi­tis­mus gibt es kei­nen Raum für Zwi­schen­töne. Der Schutz der Men­schen­würde ist das Fun­da­ment unse­rer Demo­kra­tie. Es ist unsere gemein­same Ver­ant­wor­tung, in allen Berei­chen des gesell­schaft­li­chen Lebens gegen Hass und Aus­gren­zung ein­zu­ste­hen und so ein fried­li­ches Zusam­men­le­ben in Respekt und Viel­falt zu för­dern. Des­halb ist es wich­tig, dass der Akti­ons­tag Halle auch künf­tig durch­ge­führt wird.“

Dr. Felix Klein, Beauf­trag­ter der Bun­des­re­gie­rung für jüdi­sches Leben in Deutsch­land und den Kampf gegen Anti­se­mi­tis­mus: „Mit die­ser Tagung stellt die Initia­tive Kul­tu­relle Inte­gra­tion zwei Zeit­punkte unse­rer jüngs­ten Geschichte in den Fokus, die die Lebens­rea­li­tä­ten der Jüdin­nen und Juden nicht nur ver­än­dert, son­dern erschüt­tert haben. Schon der Anschlag von Halle hat der jüdi­schen Gemein­schaft den mör­de­ri­schen Hass, der auch in unse­rer Gesell­schaft gegen sie herrscht, bru­tal vor Augen geführt. Seit dem 7. Okto­ber 2023 leben viele Jüdin­nen und Juden in einer Unsi­cher­heit, die sie seit Gene­ra­tio­nen nicht mehr erfah­ren muss­ten. Ich betone immer wie­der: Der Kampf gegen Anti­se­mi­tis­mus kann vom Staat nur unter­stützt wer­den. Die eigent­li­che Anstren­gung muss aus der Zivil­ge­sell­schaft kom­men, wes­halb ich der Initia­tive Kul­tu­relle Inte­gra­tion und Olaf Zim­mer­mann für diese Initia­tive dank­bar bin.“

Dr. Josef Schus­ter, Prä­si­dent des Zen­tral­rats der Juden in Deutsch­land: „Den Zen­tral­rat errei­chen regel­mä­ßig Nach­rich­ten, in denen jüdi­sche und israe­li­sche Kunst- und Kul­tur­schaf­fende von Aus­gren­zung und Dis­kri­mi­nie­rung berich­ten. Auf­fäl­li­ger­weise wird es in hohem Maße tole­riert, wenn sich diese Dis­kri­mi­nie­rung gegen Jüdin­nen und Juden rich­tet. Die Bot­schaft dahin­ter lau­tet: Ihr gehört nicht wirk­lich dazu. Genau dage­gen rich­ten sich seit nun fünf Jah­ren die Wett­be­werbe und Fach­ta­gun­gen der Initia­tive kul­tu­relle Inte­gra­tion. Wir dür­fen nicht zuse­hen, wenn die Aus­gren­zung von Jüdin­nen und Juden als legi­ti­mes oder fried­li­ches Pro­test­mit­tel ver­klärt und rela­ti­viert wird.“

Olaf Zim­mer­mann, Spre­cher der Initia­tive kul­tu­relle Inte­gra­tion und Geschäfts­füh­rer des Deut­schen Kul­tur­ra­tes: „In Geden­ken an den Anschlag auf die Syn­agoge in Halle haben sich die Koope­ra­ti­ons­part­ner vor fünf Jah­ren zum Ziel gesetzt, die Viel­falt jüdi­schen Lebens in der Mitte unse­rer Gesell­schaft sicht­ba­rer zu machen. Die ver­schie­de­nen Wett­be­werbe und Tagun­gen haben uns wert­volle Ein­bli­cke und Erkennt­nisse beschert und uns ein­drück­lich den Wert einer offe­nen Gesell­schaft vor Augen geführt. Wenn jüdi­sches Leben nach dem 7. Okto­ber 2023 wie­der an Sicht­bar­keit ein­büßt, trifft es uns alle: unsere Demo­kra­tie, unsere plu­rale Gesell­schaft, unse­ren Rechts­staat. Dem müs­sen wir ent­schie­den ent­ge­gen­tre­ten: Jüdin­nen und Juden in Deutsch­land brau­chen mehr Sicher­heit und mehr Verbündete.“

Den Eröff­nungs­vor­trag mit dem Titel „Würde und Bürde der jüdi­schen Dif­fe­renz“ hielt Prof. em. Dr. Natan Szna­ider. Dar­über hin­aus gab es ein hoch­ka­rä­ti­ges Pro­gramm mit Bei­trä­gen von:

  • Prof. Dr. Dr. Michel Fried­man, Jurist, Publi­zist und Philosoph
  • Timon Grem­mels, Vor­sit­zen­der der Kul­tur-Minis­ter­kon­fe­renz und Hes­si­scher Minis­ter für Wis­sen­schaft und For­schung, Kunst und Kultur
  • Dr. Kurt Grün­berg, Psy­cho­ana­ly­ti­ker und Grün­dungs­mit­glied des Treff­punkts für Über­le­bende der Shoah
  • Dr. Ina Hart­wig, Dezer­nen­tin für Kul­tur und Wis­sen­schaft der Stadt Frank­furt am Main
  • Liora Hilb, Schau­spie­le­rin und Theatermacherin
  • Prof. Dr. Doron Kie­sel, Direk­tor der Bil­dungs­ab­tei­lung des Zen­tral­rats der Juden in Deutschland
  • Dr. Felix Klein, Beauf­trag­ter der Bun­des­re­gie­rung für jüdi­sches Leben in Deutsch­land und den Kampf gegen Antisemitismus
  • Prof. Dr. Yael Kup­fer­berg, Ver­tre­tungs­pro­fes­so­rin an der Mar­tin-Buber-Pro­fes­sur für Jüdi­sche Reli­gi­ons­phi­lo­so­phie an der Goe­the-Uni­ver­si­tät Frank­furt am Main
  • Prof. Dr. Fre­de­rek Mus­all, Pro­fes­sor für Jüdi­sche Studien/Religionswissenschaft an der Uni­ver­si­tät Würzburg
  • Dr. Doron Rabi­no­vici, Schrift­stel­ler und Historiker
  • Dr. Debo­rah Schna­bel, Direk­to­rin der Bil­dungs­stätte Anne Frank
  • Dr. Josef Schus­ter, Prä­si­dent des Zen­tral­rats der Juden in Deutschland
  • Ron Segal, Autor, Fil­me­ma­cher und Preis­trä­ger des Schreib­wett­be­werbs „L´Chaim“
  • Anna Syr­kina, Preis­trä­ge­rin des Poetry-Slam Wett­be­werbs „Slammt Tacheles!“
  • Hanna Vei­ler, Prä­si­den­tin der Jüdi­schen Stu­die­ren­den­union Deutschland
  • Prof. Dr. Mir­jam Wen­zel, Lei­te­rin des Jüdi­schen Muse­ums in Frank­furt am Main
  • Olaf Zim­mer­mann, Spre­cher der Initia­tive kul­tu­relle Inte­gra­tion und Geschäfts­füh­rer des Deut­schen Kulturrates

Die Ver­an­stal­tung wurde von der Jour­na­lis­tin und Mode­ra­to­rin Shelly Kup­fer­berg moderiert.


Infos zur Fach­ta­gung der Initia­tive kul­tu­relle Integration:

  • Hier fin­den Sie Infor­ma­tio­nen zu der Fach­ta­gung der Initia­tive kul­tu­relle Integration.
  • Die Ver­an­stal­tung wurde live gestreamt. Hier gelan­gen Sie zu der Auf­zeich­nung der Fachtagung.

 

  • Die Initia­tive kul­tu­relle Inte­gra­tion ist ein brei­tes Bünd­nis von 28 Insti­tu­tio­nen aus Zivil­ge­sell­schaft, Kir­chen und Reli­gi­ons­ge­mein­schaf­ten, Sozi­al­part­nern, Medien, Bund, Län­dern und kom­mu­na­len Spit­zen­ver­bän­den. Nähere Infor­ma­tio­nen fin­den Sie hier.
Von |2024-11-19T10:43:02+01:00November 19th, 2024|Meldung|Kommentare deaktiviert für

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