Saša Sta­nišić: Möchte die Witwe ange­spro­chen wer­den, plat­ziert sie auf dem Grab die Gieß­kanne mit dem Aus­guss nach vorne

Wenn man beim Lesen eines Buchs in der U-Bahn mehr­fach laut lacht, obwohl man das eigent­lich ver­mei­den möchte, hat der Autor schon ein­mal nicht alles falsch gemacht. Wenn man dann – zuneh­mend bei fort­schrei­ten­der Lek­türe – immer wie­der inne­hält, um einen Gedan­ken, eine Frage, eine Pas­sage noch ein­mal zu lesen, um sie „abzu­spei­chern“ und zu reflek­tie­ren, liegt es nahe, von einem gelun­ge­nen Buch zu sprechen.

Saša Sta­nišić, viel­fach aus­ge­zeich­ne­ter Autor, hat mit sei­nem neu­es­ten Werk ein „leich­tes Buch mit Tief­gang“ geschrie­ben. „Was wäre, wenn …?“, lau­tet die Frage, die sich durch das ganze Buch zieht. Wie wäre es z. B., wenn es einen Pro­be­raum für das Leben gäbe, in dem man zehn Minu­ten aus der Zukunft pro­bie­ren kann? Oder: Möchte man an einem Ort woh­nen, an dem man (irgend­wann) glück­lich ster­ben oder lie­ber an einem, an dem man glück­lich leben kann? Und: Wie ent­sorgt man öko­lo­gisch kor­rekt ein Memory-Spiel? Das Leben bie­tet viele gedachte, man­che umge­setzte Mög­lich­kei­ten, so lau­tet eine Erkennt­nis nach der Lektüre.

„Bitte der Reihe nach lesen“, so der Hin­weis, den der Autor an den Anfang die­ser schein­bar eher zusam­men­hang­los anein­an­der­ge­reih­ten Texte, Skiz­zen, Erzäh­lun­gen setzt. Die­sen Rat sollte der Leser, die Lese­rin unbe­dingt befol­gen. Denn immer mehr und bis zum Schluss erweist sich diese Samm­lung als ein bezau­bern­des Gesamt­kunst­werk, das einen gleich­zei­tig hei­ter und nach­denk­lich zurück­lässt. Unbe­dingt lesenswert!

Bar­bara Haack

Saša Sta­nišić. Möchte die Witwe ange­spro­chen wer­den, plat­ziert sie auf dem Grab die Gieß­kanne mit dem Aus­guss nach vorne. Mün­chen 2024

Von |2024-11-14T17:13:25+01:00November 14th, 2024|Rezension|Kommentare deaktiviert für Saša Sta­nišić: Möchte die Witwe ange­spro­chen wer­den, plat­ziert sie auf dem Grab die Gieß­kanne mit dem Aus­guss nach vorne
Barbara Haack ist Chefin vom Dienst von Politik & Kultur.