Irina, das „schöne Ausländerkind“, hat blaue Augen, ist Jahrgangsbeste, Mitglied im Schwimmverein, und ihr größtes Ziel ist es, die österreichische Staatsbürgerschaft zu erlangen. Erfolgreiche Integration hat dabei ihren Preis. Lange Zeit ist ihre Familie auf Renate angewiesen, die ihre serbischen „Wunschflüchtlinge“ in ihrem Nachbarhaus in der Wiener Neustadt einquartiert, das sie jederzeit über eine Verbindungstür betreten kann, um Irinas Mutter als immer in Bereitschaft stehende Haushälterin zu beschäftigen. Zugleich verliert Irina schleichend ihren Vater, der als Schiffsbauingenieur in Österreich auf keine Anstellung hoffen darf und sich, verunsichert durch seine Sprachlosigkeit, mehr und mehr zurückzieht, bis er zum Einrichtungsgegenstand der Wohnung geworden ist – sich selbst verliert sie im Leistungsdruck. Schon früh hatte ihr Vater zu ihr gesagt: „Und noch dazu bist du Ausländer, das heißt, du wirst doppelt so viel machen müssen, damit sie dich eines Tages vielleicht akzeptieren.“
Der autobiografische Roman handelt vom gnadenlosen Ankommen in der Fremde und dem Gefühl, sich verbiegen zu müssen, von Heimatbesuchen auf dem Balkan und vom stoischen Kämpfen, das die Frauen der Familie besser zu beherrschen scheinen. So weigert sich ihre Mutter, Irina trotz bester Schulnoten an der Hauptschule anzumelden, obwohl so die Empfehlung gelautet hatte, oder ihre errungene Anstellung als Pharmazeutin aufgrund bürokratischer Hindernisse wieder aufzugeben. Irina, die sich auf TikTok und als Autorin „Toxische Pommes“ nennt, hat ein Händchen für das Darstellen skurriler Situationen und Persönlichkeiten, die einem das Leben zur Hölle machen können.
Sina Rothert