Shelly Kup­fer­berg: Isi­dor – Ein jüdi­sches Leben

Im letz­ten Jahr sitze ich eines Abends im vol­len Kino­saal des Baby­lon Ber­lin: Die Jour­na­lis­tin und Mode­ra­to­rin Shelly Kup­fer­berg liest aus ihrem ers­ten Buch „Isi­dor – Ein jüdi­sches Leben“. Der Abend ver­geht wie im Flug, denn Shelly Kup­fer­berg erzählt so ein­drück­lich und mit­rei­ßend von der Idee des Buches über ihre detail­lierte Recher­che­ar­beit, die weit über Lan­des­gren­zen hin­aus­ging, bis hin zur Ent­ste­hung ers­ter Kapitel.

Wer war eigent­lich die­ser Isi­dor? Der schein­bar schil­lernde, aber auch etwas kuriose Onkel ihres Opas? Shelly Kup­fer­berg begibt sich auf Spu­ren­su­che ihres Urgroß­on­kels Isi­dor Gel­ler, der 1908 als jun­ger Mann aus einem klei­nen gali­zi­schen Ort in das auf­re­gende Wien zog. Als auf­merk­sa­mer und klu­ger Mensch mit einem guten Gespür für die glanz­rei­che Wie­ner Kul­tur- und Opern­welt stieg Isi­dor schnell auf, machte Kar­riere bis hin zum Kom­mer­zi­al­rat und ver­schaffte sich einen Namen in der fei­nen Wie­ner Gesell­schaft. Auf­grund einer wich­ti­gen Anstel­lung in einer für das Mili­tär not­wen­di­gen Fabrik wurde Isi­dor wäh­rend des Ers­ten Welt­krie­ges nicht ein­ge­zo­gen und war auf­grund eini­ger pfif­fi­ger Züge anschlie­ßend sogar Millionär.

Isi­dors vier Geschwis­ter sowie seine Mut­ter zog es im Laufe der Jahre eben­falls in die Donau­me­tro­pole. Ins­be­son­dere den zwei­ten Sohn sei­ner jün­ge­ren Schwes­ter, Wal­ter Grab, schätzte und för­derte er im beson­de­ren Maße.

Als 1938 die Natio­nal­so­zia­lis­ten die Macht in Öster­reich über­nah­men, kamen die Ver­än­de­run­gen für Jüdin­nen und Juden unvor­stell­bar schnell. Wal­ter flieht als 19-Jäh­ri­ger zu Ver­wand­ten nach Paläs­tina, spä­ter lebt er in Tel Aviv. Er wird nach Kriegs­ende im Jahr 1956 noch ein­mal nach Wien kom­men und die Stadt mit ande­ren Augen sehen. Er ist es, der sei­ner Enke­lin Shelly Kup­fer­berg die Geschich­ten erzählt und weitergibt.

Isi­dor ist die Geschichte einer fas­zi­nie­ren­den Per­son. Eine Geschichte, die bewegt.

Kris­tin Braband

Shelly Kup­fer­berg. Isi­dor – Ein jüdi­sches Leben. Zürich 2022

Von |2023-03-06T12:33:49+01:00Februar 3rd, 2023|Rezension|Kommentare deaktiviert für Shelly Kup­fer­berg: Isi­dor – Ein jüdi­sches Leben