Unver­zicht­bar für unsere Demokratie

Wie sieht der Öffent­lich-Recht­li­che Rund­funk der Zukunft aus?

Immer wie­der wird in der letz­ten Zeit dar­über dis­ku­tiert, ob wir den Öffent­lich-Recht­li­chen Rund­funk über­haupt noch brau­chen. Es sei zu teuer, das Pro­gramm gefalle vie­len nicht, es gebe zahl­rei­che Wie­der­ho­lun­gen und vie­les mehr. Und dann kamen im Som­mer auch noch die Vor­würfe gegen die Füh­run­gen eini­ger Lan­des­rund­funk­an­stal­ten ans Licht, bei denen es unter ande­rem um Vet­tern­wirt­schaft, Vor­teils­nahme im Amt und Gebüh­ren­ver­schwen­dung geht.

Ja, es ist klar, dass der Öffent­lich-Recht­li­che Rund­funk in der Zustän­dig­keit der Län­der liegt. Doch weil er so wich­tig für unser Land und unsere Demo­kra­tie ist, hat sich der Deut­sche Bun­des­tag in einer Aktu­el­len Stunde mit dem Thema befasst und der Aus­schuss für Kul­tur und Medien hat das Gespräch mit Ver­ant­wort­li­chen der ARD geführt.

Bei den aktu­el­len Vor­wür­fen han­delt es sich um Ein­zel­fälle und nicht um ein sys­te­mi­sches Ver­sa­gen. Es geht um mensch­li­ches Fehl­ver­hal­ten. Die­ses muss scho­nungs­los auf­ge­klärt wer­den, nur dann kann ver­lo­ren gegan­ge­nes Ver­trauen wie­der­ge­won­nen wer­den. Und es muss Vor­sorge getrof­fen wer­den, dass eine sol­che Situa­tion sich mög­lichst nicht wie­der­ho­len kann.

Die Vor­würfe haben aber auch gezeigt, dass der Öffent­lich-Recht­li­che Rund­funk Refor­men braucht, die über das hin­aus­ge­hen, was bis jetzt schon ange­sto­ßen wurde.

Es ist gut, dass es bereits kon­krete Beschlüsse in den ein­zel­nen Lan­des­rund­funk­an­stal­ten zu mehr Com­pli­ance, Auf­sicht und Kon­trolle gibt. Wir brau­chen aber mehr Trans­pa­renz, mehr nach­voll­zieh­bare Ent­schei­dun­gen durch Gre­mien. Dabei muss aber die Unab­hän­gig­keit des Öffent­lich-Recht­li­chen Rund­funks wei­ter­hin gewähr­leis­tet sein.

Und wir müs­sen über mehr als die Finan­zie­rung und Fehl­ver­hal­ten reden.

Gerade in Kri­sen­zei­ten wie dem rus­si­schen Angriffs­krieg auf die Ukraine, der Coro­na­pan­de­mie und der Zunahme von Fake News sind die Öffent­lich-Recht­li­chen der Garant für objek­tive Bericht­erstat­tung und Ver­läss­lich­keit. Die Jour­na­lis­tin­nen und Jour­na­lis­ten leis­ten eine wich­tige Arbeit vor Ort, teils unter schwe­ren Bedin­gun­gen, teils unter Gefahr für ihr eige­nes Leben.

Die Kom­bi­na­tion aus einem star­ken öffent­lich-recht­li­chen und pri­va­tem Rund­funk sorgt für Mei­nungs­viel­falt und Mei­nungs­frei­heit in Deutsch­land. Des­halb müs­sen wir die­ses Sys­tem erhal­ten. Das sieht auch die Mehr­heit der Abge­ord­ne­ten im Aus­schuss für Kul­tur und Medien des Deut­schen Bun­des­ta­ges so.

Die Medi­en­welt und das Kon­sum­ver­hal­ten haben sich in den letz­ten Jah­ren und Jahr­zehn­ten seit Grün­dung des öffent­lich-recht­li­chen Rund­funks nach dem Zwei­ten Welt­krieg stark ver­än­dert. Auf diese aktu­el­len Her­aus­for­de­run­gen reagie­ren die Sen­der schon. Ich glaube aller­dings: Da geht noch mehr. Öffent­lich-recht­li­cher Rund­funk sind nicht nur „Tat­ort“, „Quiz-Show“ oder Hei­mat­film. Es ist sehr viel mehr, näm­lich Regio­nal­sen­der und Kika, Phoe­nix und Arte, 3Sat und One, ZDF-Info und ZDF­neo. Und das alles gibt es im Fern­se­hen oder in den Media­the­ken. Und ver­ges­sen wer­den dür­fen auch nicht die zahl­rei­chen Radio­sen­der der Lan­des­rund­funk­an­stal­ten, Deutsch­land­funk als bun­des­wei­ter Sen­der und der Aus­lands­sen­der Deut­sche Welle mit ihren viel­fäl­ti­gen Programmen.

Doch wie wird die Zukunft des öffent­lich-recht­li­chen Rund­funks aus­se­hen? Da geht es um zwei ver­schie­dene Aspekte: zum einen um die Struk­tur, zum ande­ren um das Pro­gramm und seine Erreich­bar­keit, seine Inter­es­sant­heit für alle Men­schen. Es ist gut, dass inzwi­schen eine inten­sive Debatte hierzu ent­stan­den ist. Eines ist jetzt schon klar: Es gibt mas­sive Defi­zite von Kon­trolle und Com­pli­ance. Diese müs­sen schnells­tens beho­ben wer­den, denn es geht um das Geld der Bei­trags­zah­le­rin­nen und Bei­trags­zah­ler, um unser aller Geld.

Doch wel­che Refor­men braucht es noch? Klar ist, in der Debatte um die Neu­auf­stel­lung des öffent­lich-recht­li­chen Rund­funks darf es keine Tabus, keine Denk­ver­bote geben. Und es reicht auch nicht, wenn sich die Sen­der Refor­men aus­den­ken oder die Poli­tik. Es braucht hier eine breite gesell­schaft­li­che Debatte. Es muss darum gehen, wie die Auf­sichts­gre­mien besetzt sind, wel­che Kom­pe­ten­zen sie mit­brin­gen, wel­chen Ein­fluss sie neh­men kön­nen. Und es muss darum gehen, wie die Pro­gramme gestal­tet wer­den, wie viel bleibt im linea­ren Fern­se­hen, was kann in die Media­the­ken aus­ge­la­gert wer­den? Wie viele Radio­sen­der brau­chen wir? Muss jeder Regio­nal­sen­der ein eige­nes Voll­pro­gramm anbie­ten? Das sind nur einige Fra­gen, die in der Zukunft beant­wor­tet wer­den müssen.

Und was auch wich­tig ist, ist die Ver­bes­se­rung der Arbeits­be­din­gun­gen und der Mit­be­stim­mung, für die nicht fest­an­ge­stell­ten Mit­ar­bei­ten­den. Sie brau­chen eine Perspektive.

Das Inter­net wird für die Zukunft der Öffent­lich-Recht­li­chen Sen­der eine sehr wich­tige Rolle spie­len. Vor allem junge Men­schen schauen kaum noch Pro­gramm­fern­se­hen, oft­mals besit­zen sie gar kei­nen Fern­se­her. Sie nut­zen aber die Ange­bote in den Media­the­ken, hören Radio über Apps auf dem Handy.

Zwei Fra­gen sind für mich geklärt:

1. Der Öffent­lich Recht­li­che ist notwendig.

2. Der Öffent­lich Recht­li­che ist legitimiert.

Die dritte Frage müs­sen wir gemein­sam klä­ren. Wie sieht der Öffent­lich-Recht­li­che der Zukunft aus?

Die­ser Text ist zuerst erschie­nen in Poli­tik & Kul­tur 12/2022-01/2023.

Von |2023-03-02T15:49:21+01:00Dezember 2nd, 2022|Medien|Kommentare deaktiviert für

Unver­zicht­bar für unsere Demokratie

Wie sieht der Öffent­lich-Recht­li­che Rund­funk der Zukunft aus?

Katrin Budde ist Vorsitzende des Ausschusses für Kultur und Medien des Deutschen Bundestages.