Katrin Budde 2. Dezember 2022 Logo_Initiative_print.png

Unver­zicht­bar für unsere Demokratie

Wie sieht der Öffent­lich-Recht­li­che Rund­funk der Zukunft aus?

Immer wieder wird in der letzten Zeit darüber diskutiert, ob wir den Öffentlich-Rechtlichen Rundfunk überhaupt noch brauchen. Es sei zu teuer, das Programm gefalle vielen nicht, es gebe zahlreiche Wiederholungen und vieles mehr. Und dann kamen im Sommer auch noch die Vorwürfe gegen die Führungen einiger Landesrundfunkanstalten ans Licht, bei denen es unter anderem um Vetternwirtschaft, Vorteilsnahme im Amt und Gebührenverschwendung geht.

Ja, es ist klar, dass der Öffentlich-Rechtliche Rundfunk in der Zuständigkeit der Länder liegt. Doch weil er so wichtig für unser Land und unsere Demokratie ist, hat sich der Deutsche Bundestag in einer Aktuellen Stunde mit dem Thema befasst und der Ausschuss für Kultur und Medien hat das Gespräch mit Verantwortlichen der ARD geführt.

Bei den aktuellen Vorwürfen handelt es sich um Einzelfälle und nicht um ein systemisches Versagen. Es geht um menschliches Fehlverhalten. Dieses muss schonungslos aufgeklärt werden, nur dann kann verloren gegangenes Vertrauen wiedergewonnen werden. Und es muss Vorsorge getroffen werden, dass eine solche Situation sich möglichst nicht wiederholen kann.

Die Vorwürfe haben aber auch gezeigt, dass der Öffentlich-Rechtliche Rundfunk Reformen braucht, die über das hinausgehen, was bis jetzt schon angestoßen wurde.

Es ist gut, dass es bereits konkrete Beschlüsse in den einzelnen Landesrundfunkanstalten zu mehr Compliance, Aufsicht und Kontrolle gibt. Wir brauchen aber mehr Transparenz, mehr nachvollziehbare Entscheidungen durch Gremien. Dabei muss aber die Unabhängigkeit des Öffentlich-Rechtlichen Rundfunks weiterhin gewährleistet sein.

Und wir müssen über mehr als die Finanzierung und Fehlverhalten reden.

Gerade in Krisenzeiten wie dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine, der Coronapandemie und der Zunahme von Fake News sind die Öffentlich-Rechtlichen der Garant für objektive Berichterstattung und Verlässlichkeit. Die Journalistinnen und Journalisten leisten eine wichtige Arbeit vor Ort, teils unter schweren Bedingungen, teils unter Gefahr für ihr eigenes Leben.

Die Kombination aus einem starken öffentlich-rechtlichen und privatem Rundfunk sorgt für Meinungsvielfalt und Meinungsfreiheit in Deutschland. Deshalb müssen wir dieses System erhalten. Das sieht auch die Mehrheit der Abgeordneten im Ausschuss für Kultur und Medien des Deutschen Bundestages so.

Die Medienwelt und das Konsumverhalten haben sich in den letzten Jahren und Jahrzehnten seit Gründung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks nach dem Zweiten Weltkrieg stark verändert. Auf diese aktuellen Herausforderungen reagieren die Sender schon. Ich glaube allerdings: Da geht noch mehr. Öffentlich-rechtlicher Rundfunk sind nicht nur „Tatort“, „Quiz-Show“ oder Heimatfilm. Es ist sehr viel mehr, nämlich Regionalsender und Kika, Phoenix und Arte, 3Sat und One, ZDF-Info und ZDFneo. Und das alles gibt es im Fernsehen oder in den Mediatheken. Und vergessen werden dürfen auch nicht die zahlreichen Radiosender der Landesrundfunkanstalten, Deutschlandfunk als bundesweiter Sender und der Auslandssender Deutsche Welle mit ihren vielfältigen Programmen.

Doch wie wird die Zukunft des öffentlich-rechtlichen Rundfunks aussehen? Da geht es um zwei verschiedene Aspekte: zum einen um die Struktur, zum anderen um das Programm und seine Erreichbarkeit, seine Interessantheit für alle Menschen. Es ist gut, dass inzwischen eine intensive Debatte hierzu entstanden ist. Eines ist jetzt schon klar: Es gibt massive Defizite von Kontrolle und Compliance. Diese müssen schnellstens behoben werden, denn es geht um das Geld der Beitragszahlerinnen und Beitragszahler, um unser aller Geld.

Doch welche Reformen braucht es noch? Klar ist, in der Debatte um die Neuaufstellung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks darf es keine Tabus, keine Denkverbote geben. Und es reicht auch nicht, wenn sich die Sender Reformen ausdenken oder die Politik. Es braucht hier eine breite gesellschaftliche Debatte. Es muss darum gehen, wie die Aufsichtsgremien besetzt sind, welche Kompetenzen sie mitbringen, welchen Einfluss sie nehmen können. Und es muss darum gehen, wie die Programme gestaltet werden, wie viel bleibt im linearen Fernsehen, was kann in die Mediatheken ausgelagert werden? Wie viele Radiosender brauchen wir? Muss jeder Regionalsender ein eigenes Vollprogramm anbieten? Das sind nur einige Fragen, die in der Zukunft beantwortet werden müssen.

Und was auch wichtig ist, ist die Verbesserung der Arbeitsbedingungen und der Mitbestimmung, für die nicht festangestellten Mitarbeitenden. Sie brauchen eine Perspektive.

Das Internet wird für die Zukunft der Öffentlich-Rechtlichen Sender eine sehr wichtige Rolle spielen. Vor allem junge Menschen schauen kaum noch Programmfernsehen, oftmals besitzen sie gar keinen Fernseher. Sie nutzen aber die Angebote in den Mediatheken, hören Radio über Apps auf dem Handy.

Zwei Fragen sind für mich geklärt:

1. Der Öffentlich Rechtliche ist notwendig.

2. Der Öffentlich Rechtliche ist legitimiert.

Die dritte Frage müssen wir gemeinsam klären. Wie sieht der Öffentlich-Rechtliche der Zukunft aus?

Dieser Text ist zuerst erschienen in Politik & Kultur 12/2022-01/2023.

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