Stil und Glaube

Latifa Dadi im Gespräch

Mit ihrem Label HIJABI möchte Grün­de­rin Latifa Dadi mus­li­mi­sche Frauen empowern, ihren Glau­ben zu leben. Mit Maike Kar­ne­bo­gen spricht sie über ihren Weg hin zum eige­nen Label, ihre Moti­va­ti­ons­gründe und die Rolle von Modest Fashion in der deut­schen Modelandschaft.

Maike Kar­ne­bo­gen: Frau Dadi, Ihre Vision ist es, „Sicht­bar­keit und Tole­ranz für bedeckte Frauen zu schaf­fen“. Wie kamen Sie auf die Idee, Ihr Label HIJABI zu grün­den? Und wie war Ihr Weg hin zum eige­nen Label?
Latifa Dadi: Mein Label habe ich schon mit 19 Jah­ren gegrün­det. In einer Zeit, in der Diver­si­tät und Inklu­sion in Deutsch­land noch ein Fremd­wort waren. Es ist nicht wie heute, wo man über­all mal eine bedeckte Frau oder eine Frau mit Hijab in einem Wer­be­spot sieht. Bei­spiels­weise ges­tern habe ich noch in einem Wer­be­spot von Man­hat­tan eine Dame mit Hijab gese­hen und dachte: „Wow, okay“. Das war 2013 noch ein ganz ande­rer Zeit­geist, die Mode­welt hat nicht aus­rei­chend mit­ge­dacht. Und die mus­li­mi­sche oder die bedeckte Frau als Ziel­gruppe wurde damals kom­plett igno­riert. Inso­fern war das eine Zeit, in der eine bedeckte Frau, wie ich das damals war, natür­lich mit sehr vie­len Vor­wür­fen zu kämp­fen hatte. Und letz­ten Endes war das bei mir in der Stu­di­en­zeit auch das Pro­blem, dass das Kopf­tuch als Zei­chen der Unter­drü­ckung galt. Ich musste mich täg­lich die­sem Vor­wurf stel­len. So kam dann rela­tiv schnell in mei­ner Stu­di­en­zeit der Ent­schluss: „Die­sen Weg gehst du nicht, Latifa.“ Ich kam gar nicht aus die­ser Druck­welle raus, mich jeden Tag dafür recht­fer­ti­gen zu müs­sen, dass ich eine bedeckte mus­li­mi­sche Frau im Wes­ten bin. Ich wollte ein­fach neue Wege ein­schla­gen, wollte mehr errei­chen. Und vor allen Din­gen wollte ich etwas tun für die Frau, die die­sen Lei­dens­druck teilt, die Frau, die von der Gesell­schaft unter­drückt wird und nicht als voll­wer­tige Per­son wahr­ge­nom­men wird – sei es in der Mode­welt oder auch auf dem Arbeits­markt. So wurde diese Idee – ich mache etwas für die mus­li­mi­sche Com­mu­nity – noch im Hör­saal gebo­ren. Natür­lich war mit 19 nicht so klar, wel­che Skills ich besitze – bis auf die Mode. Ich wollte mich darum küm­mern, dass die mus­li­mi­sche Frau oder die bedeckte Frau im Wes­ten ver­nünf­tige und stil­volle Klei­dung bekommt.

Haben Sie das Label ganz allein auf­ge­baut, oder hat­ten Sie dabei Unterstützung?
Es ist tat­säch­lich ein Self­made-Unter­neh­men. Und, ja, ich meine, ich bin Frau genug. Das habe ich jetzt bewie­sen. Und das ist auch total unab­hän­gig davon, ob ich bedeckt bin oder nicht.

Wel­che Ziele ver­fol­gen Sie mit Ihrem Label; was wol­len Sie vermitteln?
Ganz klar Selbst­be­wusst­sein, Glaube und auch den Mut, als mus­li­mi­sche Frau in Deutsch­land mit Stolz und Freude hijab-gerecht geklei­det zu sein, ohne dabei von der Mode­welt aus­ge­schlos­sen zu wer­den oder sich aus­ge­schlos­sen zu füh­len. Mir ist wich­tig, dass jede Frau ihren Weg gehen kann. Ich als Pio­nie­rin, als Unter­neh­me­rin habe die­ses Role Model ein­ge­nom­men und kann als Mut­ma­che­rin gel­ten für andere Frauen, die sich in der Situa­tion befin­den, wie ich damals.

Wel­che Rolle kommt HIJABI als Modest-Fashion-Shop in der deut­schen Mode­land­schaft Ihrer Mei­nung nach zu?
Ich denke, dass HIJABI die authen­ti­sche Brü­cke ist zwi­schen dem Wes­ten, zwi­schen den mus­li­mi­schen Frauen im Wes­ten, und damit, den Hijab in Ein­klang mit der Mode zu brin­gen. Ich denke, das ist mit HIJABI sehr gut in der deut­schen Mode­land­schaft gelun­gen. Denn nicht zuletzt sind auch unsere Ziel­grup­pen Frauen, die hier in Deutsch­land gebo­ren sind. Das ist eine auf­stre­bende Gene­ra­tion von Mache­rin­nen, von Men­schen, die ihre Wur­zeln in Deutsch­land haben, oder ihre Iden­ti­tät in Deutsch­land haben, aber die Wur­zeln eben noch mit einem Glau­ben ver­knüpft sind. Und wir als Brand kön­nen diese Brü­cke schla­gen und sagen: Bei­des ist mög­lich. Der Glaube hin­dert dich nicht daran, den Stan­dard der west­li­chen Kul­tur aus­zu­le­ben, und anders­rum genauso.

Sie betrei­ben einen eige­nen Laden in der Frank­fur­ter Innen­stadt sowie einen Online-Shop. Muss­ten Sie bereits mit Anfein­dun­gen kämp­fen – digi­tal oder sogar vor Ort?
Den Store in Frank­furt haben wir Ende 2021 geschlos­sen. Ein­fach auf­grund des Zeit­geis­tes. Ich meine, 2021 und 2022 ist das ein­fach viel beque­mer für den Kun­den gewor­den, online zu shop­pen. Wir kön­nen jeder­zeit 24/7 alles online bestel­len und krie­gen das ohne Zeit­auf­wand nach Hause gelie­fert. Und natür­lich fol­gen wir so einer Bewe­gung auch. Wir ste­hen ja nicht still mit HIJABI. Dem­nach sind wir jetzt kom­plett auf dem E-Com­merce auf­ge­stellt. Und wir haben aktu­ell nur super­po­si­ti­ves Feed­back zu unse­rer Brand. Man muss auch dazu sagen, nicht zuletzt, weil die Mode­welt jetzt die­sen Modest Fashion Markt erkannt hat und für sich gewin­nen will. Von die­ser Ent­wick­lung dür­fen wir auch pro­fi­tie­ren. Natür­lich gab es 2013 Anfein­dun­gen, auch lokal im Geschäft, aber die Zeit ist vor­bei. Und das ist auch das Schöne daran heut­zu­tage. Ich liebe es ein­fach, in die­ser Zeit zu leben, wo jeder frei sein. Es ist toll, heute eine Modest-Fashion-Brand-Pio­nie­rin sein zu dür­fen. Und dann weiß man auch, dass sich die Reise bis heute gelohnt hat, und das, wofür man sich ein­ge­setzt hat, auch tat­säch­lich Fuß gefun­den hat. Dafür bin ich unglaub­lich dankbar.

Vie­len Dank.

Die­ser Text ist zuerst erschie­nen in Poli­tik & Kul­tur 05/2022.

Von |2022-07-26T14:28:58+02:00Mai 5th, 2022|Einwanderungsgesellschaft|Kommentare deaktiviert für

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Latifa Dadi im Gespräch

Latifa Dadi ist Gründerin und CEO des Modelabels HIJABI. Maike Karnebogen ist Redakteurin von Politik & Kultur.