Ronen Steinke: Anti­se­mi­tis­mus in der Spra­che. Warum es auf die Wort­wahl ankommt

Oft wird das Wort „Jude“ von nicht­jü­di­schen Men­schen in Deutsch­land ver­sucht zu umge­hen. So greift man auf das Adjek­tiv zurück und spricht vom jüdi­schen Glau­ben, der jüdi­schen Nach­ba­rin. Wieso ist das so? Und wor­auf kommt es bei der Wort­wahl an, wenn man eben auch den teils unbe­wuss­ten Anti­se­mi­tis­mus in der Spra­che ver­mei­den will? Anhand prä­gnan­ter Bei­spiele geht genau dar­auf der Jour­na­list Ronen Steinke in dem Buch „Anti­se­mi­tis­mus in der Spra­che. Warum es auf die Wort­wahl ankommt“ ein.

„Meschugge“ oder „Schla­mas­sel“, wir alle ken­nen und benut­zen sie: jid­di­sche Wör­ter, die in der deut­schen Spra­che gang und gäbe sind. Sie wur­den oft auf­grund des schö­nen Klangs oder der tref­fen­den Bedeu­tung in den deut­schen Sprach­ge­brauch über­nom­men. Auf der ande­ren Seite hin­ge­gen wer­den auch viele jid­di­sche Begriffe nicht ihres tref­fen­den Inhalts wegen im Deut­schen ver­wen­det. In ihnen schwingt oft ein nega­ti­ver Bei­geschmack mit. Dabei ist ihre lexi­ka­li­sche Bedeu­tung kei­nes­wegs nega­tiv, son­dern im Laufe der Geschichte wurde ihnen auf­grund der jid­di­schen Abstam­mung ein nega­ti­ver Unter­ton bei­gemischt. „Es fällt schwer, das nicht als Her­ab­set­zung zu sehen“, so Steinke.

Auch im Hin­blick auf die Aus­spra­che man­cher Wör­ter kommt die Frage auf, wieso es zu Ein­deut­schun­gen bei­spiels­weise von „Schab­bat“ zu „Sab­bat“ kommt? Die deut­sche Spra­che lässt eine kor­rekte Aus­spra­che der Wör­ter zu und sie „ein­zu­deut­schen“ ist nicht nur unnö­tig, son­dern vor allem respekt­los. Nun mag auch die Rück­wand­lung der Buch­sta­bier­ta­fel von der im Jahr 1934 von den Natio­nal­so­zia­lis­ten geän­der­ten Ver­sion wie­der hin zur „Wei­ma­rer“ Buch­sta­bier­ta­fel mit den jüdi­schen Namen Dora, Nathan und Samuel nicht beson­ders viele Men­schen errei­chen – sie gar inter­es­sie­ren. Den­noch kann die Debatte um das Buch­sta­bier­al­pha­bet zum Nach­den­ken anre­gen. Und genau darum geht es letzt­end­lich doch – um einen bewuss­te­ren Umgang mit der Sprache.

Kris­tin Braband

Ronen Steinke. Anti­se­mi­tis­mus in der Spra­che. Warum es auf die Wort­wahl ankommt. 2. Auf­lage. Ber­lin 2022

Von |2022-03-24T11:28:09+01:00März 4th, 2022|Rezension|Kommentare deaktiviert für Ronen Steinke: Anti­se­mi­tis­mus in der Spra­che. Warum es auf die Wort­wahl ankommt