Daniel Schrei­ber: Allein

Das ist mein Haus, mein Auto, mein Gar­ten und natür­lich meine Fami­lie. Das ist der Inbe­griff eines per­fek­ten Lebens. Wirk­lich? Mehr als 17,3 Mil­lio­nen Men­schen leben in Deutsch­land in einem Ein­zel­haus­halt und sind defi­ni­tiv nicht so „bedau­erns­wert“, wie uns die Gesell­schaft weis­ma­chen möchte. Daniel Schrei­ber ist einer der 17,3 Mil­lio­nen Men­schen, der die Pan­de­mie allein erle­ben musste. Er beschreibt sei­nen Weg in dem neuen Buch „Allein“ und geht dabei sehr per­sön­lich und selbst­re­flek­tiert auf seine eige­nen Erfah­run­gen ein und fin­det in der Ein­sam­keit zu sich selbst.

Ein Rat­ge­ber ist das Buch aber bei Wei­tem nicht. Schrei­ber ver­sucht nicht, die Ein­sam­keit zu ver­teu­feln, son­dern eher sie zu ver­ste­hen. Warum ist es wei­ter­hin von der Gesell­schaft so wenig akzep­tiert, allein und glück­lich zu sein? Warum wird einem von Kin­der­ta­gen an das Gefühl ein­ge­flößt, man sei nur eine voll­wer­tige Per­son, sobald der Hafen der Ehe erreicht ist? Was pas­siert, wenn man genau das nicht schafft oder gar nicht möchte?

„Das Feh­len einer Lie­bes­be­zie­hung wird in der Regel als per­sön­li­ches Schei­tern wahr­ge­nom­men“, erklärt Schrei­ber. Er erzählt von sei­ner Scham, von sei­nen Ver­let­zun­gen sowie von sei­nen Zwei­feln und lässt den Leser dabei tief in seine Seele bli­cken. Er rückt in den Vor­der­grund, wel­che Rolle seine Freund­schaf­ten in sei­nem Lebens­mo­dell spie­len, er ent­deckt bei sei­ner Freun­din Syl­via die Bota­nik für sich und ver­schö­nert neben­bei ihren Gar­ten; in der Schweiz und auf Lan­za­rote beginnt er kilo­me­ter­lange Wan­de­run­gen. Er geht auf die viel­fäl­ti­gen Bezie­hungs­for­men der Freund­schaf­ten ein und schlägt dabei sogar eine Schneise zu alten und neuen Sit­coms. Schrei­ber beleuch­tet diese als oft­mals pro­ble­ma­tisch, da sie am Ende auch immer wie­der das „klas­si­sche“ Bezie­hungs­mo­dell vorgaukeln.

Die Viel­zahl an bekann­ten Phi­lo­so­phin­nen und Sozio­lo­gen sowie deren Stu­dien, Essays und Werke, die Schrei­ber benennt, unter­stüt­zen seine Theo­rien und inspi­rie­ren den Leser, sich ver­tie­fend mit der The­ma­tik zu befas­sen. Ein bein­dru­cken­des, trös­ten­des und lehr­rei­ches Buch.

Katha­rina Bruck

Daniel Schrei­ber. Allein. Bonn 2021

Von |2022-03-24T11:29:49+01:00März 4th, 2022|Rezension|Kommentare deaktiviert für Daniel Schrei­ber: Allein
Katharina Bruck ist Mitarbeiterin beim Deutschen Kulturrat.