„Wo komme ich eigentlich her?“, fragt sich Linda Zervakis in ihrem Buch „Etsikietsi“ und macht sich auf die Suche nach ihren Wurzeln, ihrer Familiengeschichte in Griechenland.
Für alle, die des Griechischen auch nicht mächtig sind: Etsikietsi heißt in etwa durchwachsen, so lala, so und so. So und so – ein bisschen Deutsche, ein bisschen Griechin. „Ich bin also bi. Ganz interessant, was ich so über mich in der Zeitung lese. Also … bikulturell. Das klingt nicht nur bescheuert, es fühlt sich auch genauso an“, so die Tagesschausprecherin im Prolog. Schnell, witzig und hanseatisch schreibt Zervakis in diesem über ihren fordernden Arbeitsalltag. Doch nicht dieser steht im Mittelpunkt des Buches, sondern die Erinnerungen ihrer Mutter Chrissi, die als Gastarbeiterin nach Deutschland kam. Mithilfe des Tagebuches ihrer Mutter begibt sich Zervakis auf eine Reise ins Griechenland der 1930er und 1940er Jahre. Zu ihrem Opa Kostas, der Olivenernte im kleinen Dorf Kalithea, aufs Festland in den Hafen von Piräus, nach Thessalien. Armut und harte Lebensbedingungen treffen auf unbeschwerte Backgammonspiele. Dort, wo die Geschichte ihres Opas aufhört, fängt die ihrer Mutter an. Die Nachkriegsjahre im Heimatdorf, der erste Besuch in Thessaloniki mit den Vorzügen eines Kühlschranks und elektrischer Herdplatten, Baumwollernte versus Schauspielkarriere, zerplatzte Träume. Im dritten Teil reist Linda Zervakis gemeinsam mit ihrer Mutter nach Griechenland: Zwischen Strand und Hochzeitsoutfits für die „Big Fat Greek Wedding“ wird auch die politische Lage des Landes thematisiert. Schlagfertig und sehr persönlich scheibt Zervakis von ihrer Reise, sodass man selbst das Gefühl hat, die ganze Familie zu treffen. Zurück in Hamburg geht es zum Schluss direkt wieder nach Griechenland – Staatsbesuch mit Frank-Walter Steinmeier und Vicky Leandros.
Etsikietsi ist rasant, humorvoll, historisch und aktuell. Eine Reise nach Griechenland, die ich auch in Corona-Zeiten empfehlen kann.
Maike Karnebogen
Linda Zervakis. Etsikietsi. Auf der Suche nach meinen Wurzeln. Hamburg 2020