Was haben Tobias aus Erfurt, Marc aus Heidelberg und Sandro aus Watamu gemeinsam? Sie sind in Ostdeutschland geborene Männer und wurden von der Journalistin Greta Taubert in ihrer Rolle als „Ostmänner“ für ihr frisch erschienenes Buch „Guten Morgen, du Schöner. Begegnungen mit ostdeutschen Männern“ interviewt.
Bei den Ostdeutschen und bei den literarisch gut Informierten klingelt jetzt etwas – genau, Tauberts Buch ist in Anlehnung an Maxie Wanders Protokollband „Guten Morgen, du Schöne“ von 1997 entstanden, der Frauen in der DDR zeigt.
Neben Tobias, Marc und Sandro sprach Taubert mit 13 weiteren „Ostmännern“ über das, was sie geprägt hat und wie sie sich – vor und nach der Wende – entwickelt haben. Wer jetzt denkt, Taubert porträtiere sächselnde Wutbürger, tumbe Einheitsverlierer, brandgefährliche „Man-wird-ja-wohl-noch-sagen-dürfen“-Typen – der denkt nur in gängigen Klischees und tut gut, dieses Buch zu lesen.
Ja, es gibt sie leider zuhauf: ostdeutsche Männer, die die AfD wählen und diese Stereotypen bedienen – aber, es gibt noch mehr „Ostmänner“, die mit dem „wüsten Unhold aus den Medienbildern“, so Taubert, nichts gemein haben.
Stattdessen: „Sie arbeiten Teilzeit, kümmern sich um ihre Kinder, engagieren sich ehrenamtlich, legen einen Garten an, stellen häufig den Inhalt ihrer Arbeit über das Jahresgehalt und wertschätzen selbstbewusste Frauen.“ Das sind nicht nur mein Opa, mein Vater, mein Cousin, mein Klassenkamerad, das sind die „Schönen“, denen Taubert viele Gesichter und Stimmen gibt. Danke dafür!
Tauberts porträtartige Interviews packen mal mehr, mal weniger. Das liegt auf der Hand, denn Identitäten, Erfahrungen und Lebenswirklichkeiten sind divers und im Wandel – wie Tobias aus Erfurt sagt: „Die Rolle des Mannes im Allgemeinen verändert sich grundlegend – und das greift mich in meinem Selbstverständnis nicht an. Die ständige Veränderung und Prozesshaftigkeit gehören bei mir als Ostmann dazu.“
Theresa Brüheim
Greta Taubert. Guten Morgen, du Schöner. Begegnungen mit ostdeutschen Männern. Berlin 2020