Ste­phan Anpalagan

Ste­phan Anpa­lagan ist Diplom-Theo­loge, Jour­na­list, Musi­ker und Grün­der. Bereits seit meh­re­ren Jah­ren enga­giert er sich in unter­schied­li­chen Initia­ti­ven gegen Ras­sis­mus und Rechts­extre­mis­mus. Mit dem von ihm mit­ge­grün­de­ten Pro­jekt „Demo­kra­tie in Arbeit“ bringt er ein Demo­kra­tie-Zer­ti­fi­kat für Unter­neh­men auf den Weg.

Mit sechs Mona­ten kam er 1984 nach Deutsch­land. Seine Eltern sind Tami­len, die Fami­lie floh vor dem Bür­ger­krieg in Sri Lanka. Obwohl Deutsch­land sein Zuhause ist, erlebt er jedoch immer wie­der, als „Frem­der“ wahr­ge­nom­men zu wer­den. Als freier Jour­na­list ist er auf Twit­ter und ver­schie­de­nen Platt­for­men oder als Spea­ker bei gro­ßen Orga­ni­sa­tio­nen wie Amnesty Inter­na­tio­nal oder dem DGB aktiv.

Vie­len Dank, Ste­phan Anpa­lagan, für dein viel­fäl­ti­ges Enga­ge­ment für eine viel­fäl­tige Gesellschaft!

Du hast Theo­lo­gie stu­diert, bist als Unter­neh­mens­be­ra­ter und Grün­der tätig, spielst Key­board in der Band micro­Clocks und setzt dich dar­über hin­aus mit Fak­ten gegen rech­tes Den­ken ein – du bist also viel­fäl­tig aktiv. Was treibt dich an?
Die Tat­sa­che, dass wir in Frie­den und in Wohl­stand leben, ist keine Selbst­ver­ständ­lich­keit. Auch heute noch müs­sen wir um grund­le­gende Werte des Zusam­men­le­bens rin­gen: Darum, dass alle Men­schen gleich sind an Wert und an Würde. Darum, dass eine offene, tole­rante und viel­fäl­tige Gesell­schaft allen zugu­te­kommt. Darum, dass wir allen Men­schen in unse­rem Land die Teil­habe an die­ser Gesell­schaft ermög­li­chen, unab­hän­gig von ihrer Haut­farbe, ihrer Reli­gion, ihrer sexu­el­len Ori­en­tie­rung oder ihrer Iden­ti­tät. Im Jahr 2020 ist all das noch immer keine Selbst­ver­ständ­lich­keit. Ich bin nicht bereit, diese Unge­rech­tig­kei­ten und gesell­schaft­li­chen Miss­stände hin­zu­neh­men. Dage­gen vor­zu­ge­hen ist für mich staats­bür­ger­li­che Pflicht und inne­rer Antrieb.

„Auch heute noch müs­sen wir um grund­le­gende Werte des Zusam­men­le­bens ringen.“

Das Erstar­ken des Rechts­extre­mis­mus und die in den Medien wie­der zuneh­mende Debatte um Ras­sis­mus zei­gen, dass es eine neue Dimen­sion an Hass und Gewalt in der Mitte unse­rer Gesell­schaft gibt. All­tags­ras­sis­mus beglei­tet auch dich dein gan­zes Leben. Wie gehst du damit um? Und was kann jede und jeder ein­zelne tun?
„Ras­sis­mus ist ein Gift“ – sagte die Bun­des­kanz­le­rin, als ein Ras­sist in Hanau neun Men­schen auf­grund ihrer Her­kunft und auf­grund ihrer Haut­farbe ermor­dete. Der Ras­sis­mus konnte viel zu lange in die­sem Land auf­blü­hen und Wur­zeln schla­gen, konnte sich in Wor­ten und auch in Taten mani­fes­tie­ren. Wer immer Zeuge eines ras­sis­ti­schen Vor­falls wird, sollte den Täter ding­fest machen, ihn kon­fron­tie­ren, zei­gen, dass seine Worte und Taten nicht unwi­der­spro­chen und kon­se­quenz­los blei­ben. Wir müs­sen klar­stel­len, dass die Ras­sis­ten in die­sem Land nicht die Mehr­heit dar­stel­len und vor allem nicht die Mei­nungs­macht und die Deu­tungs­ho­heit haben. Vor allem aber gilt es, soli­da­risch zu sein mit den Opfern ras­sis­ti­scher Über­griffe. Ihnen bei­zu­ste­hen, ihnen zuzu­hö­ren und sie im Kampf gegen den Ras­sis­mus zu unter­stüt­zen ist gelebte Zivil­cou­rage und ein wich­ti­ger Schritt auf dem Weg in eine bes­sere Zukunft.

„Demo­kra­tie kann nur gelin­gen, wenn sich alle an der Ver­wirk­li­chung demo­kra­ti­scher Werte beteiligen.“

Du hast ein­mal gesagt, dass Frei­heit keine Selbst­ver­ständ­lich­keit ist. Man muss sich dies immer wie­der bewusst machen und sich dafür ein­set­zen. Wel­che Rolle spielt dei­ner Mei­nung nach das bür­ger­schaft­li­che Enga­ge­ment dabei?
Ohne bür­ger­schaft­li­ches Enga­ge­ment geht es nicht. Wenn es um den Fort­be­stand unse­rer frei­heit­li­chen Demo­kra­tie geht, sind wir alle gefragt: Indem wir in demo­kra­ti­schen Wah­len demo­kra­ti­sche Par­teien wäh­len; indem wir uns Tag für Tag für die Armen, Alten, Kran­ken und Schwa­chen ein­set­zen; indem wir uns gegen Unge­rech­tig­kei­ten aus­spre­chen und unsere Mit­men­schen ermu­ti­gen, dies eben­falls zu tun. Demo­kra­tie kann nur gelin­gen, wenn sich alle an der Ver­wirk­li­chung demo­kra­ti­scher Werte betei­li­gen. Ohne den ehren­amt­li­chen Ein­satz vie­ler Men­schen, ohne ihr bür­ger­schaft­li­ches Enga­ge­ment geht es nicht.

Gemein­sam mit dem Unter­neh­mer Lio­nel Benny hast du das gemein­nüt­zige Pro­jekt „Demo­kra­tie in Arbeit“ ins Leben geru­fen. Wie kam es dazu und was pas­siert da genau?
Lio­nel und ich haben fest­ge­stellt, dass der Dis­kurs und die Debatte über demo­kra­ti­sche Werte in fast alle Lebens­be­rei­che vor­ge­drun­gen ist, aber die Arbeits­welt noch immer bei­nahe unbe­rührt lässt. Wir waren uns schnell dar­über einig, dass das so nicht blei­ben kann. Gerade der Arbeits­platz ist ein Schmelz­tie­gel unter­schied­li­cher Milieus, unter­schied­li­cher poli­ti­scher und welt­an­schau­li­cher Ein­stel­lun­gen und im bes­ten Falle ein Aus­bund an Viel­falt und Diver­si­tät. Ein Lebens­raum also, in dem Respekt, Rück­sicht und Tole­ranz von erheb­li­cher Bedeu­tung sind. Das ist nur lei­der nicht immer der Fall. Um dem zu begeg­nen, haben wir die gemein­nüt­zige Unter­neh­mens­be­ra­tung „Demo­kra­tie in Arbeit“ gegrün­det. Wir unter­stüt­zen Unter­neh­men bei der Eta­blie­rung eines men­schen­freund­li­chen Arbeits­um­fel­des und machen sie auf ihre unter­neh­me­ri­sche Ver­ant­wor­tung auf­merk­sam. Davon pro­fi­tie­ren sie selbst, ihre Mit­ar­bei­ter­schaft, ange­hende Kan­di­da­tin­nen und Kan­di­da­ten, aber auch die Kund­schaft. Unter­neh­men, die glaub­haft demo­kra­ti­sche Werte ver­kör­pern ,sind attrak­ti­ver und erfolg­rei­cher als sol­che, die das nicht tun.

„Alle 15 The­sen sind fan­tas­ti­sche und wun­der­bare Fun­da­mente eines fried­li­chen Zusammenlebens.“

Die 15 The­sen der Initia­tive kul­tu­relle Inte­gra­tion tra­gen den Titel „Zusam­men­halt in Viel­falt“. Was bedeu­tet für dich „Zusam­men­halt in Viel­falt“ und wel­che der 15 The­sen ist deine „Lieb­lings­these“?
Alle 15 The­sen sind fan­tas­ti­sche und wun­der­bare Fun­da­mente eines fried­li­chen Zusam­men­le­bens. Eine Lieb­lings­these her­aus­zu­stel­len, würde allen ande­ren The­sen Unrecht tun. Den­noch möchte ich aus mei­ner Per­spek­tive auf These 10 auf­merk­sam machen: „Bür­ger­schaft­li­ches Enga­ge­ment ist gelebte Demo­kra­tie“. Das passt zu dem, wie ich Demo­kra­tie emp­finde, zu dem, was ich mir für die Zukunft wün­sche und zu dem, was „Demo­kra­tie in Arbeit“ dar­stel­len soll: Ein gro­ßes Stück geleb­ter Demokratie.

Vie­len Dank!

Von |2020-10-05T10:08:13+02:00September 1st, 2020|Menschen|Kommentare deaktiviert für Ste­phan Anpalagan