Puh, ich gebe zu, am Anfang musste ich ganz schön kämpfen beim dicken Buch „Berlin: Biographie einer großen Stadt“ von Jens Bisky. Allein der Umfang ist schon beeindruckend. Wer sich allerdings auf das Buch und Biskys Erzählstil einlässt, wird ähnlich einem Flaneur mitgenommen auf einem Weg durch die wechselvolle Geschichte Berlins, seiner Bewohner, seiner Protagonisten, seien es Adelige, Intellektuelle, Künstlerinnen und Künstler, Arbeiterinnen und Arbeiter, Politikerinnen und Politiker und andere mehr. Ein besonderes Augenmerk richtet Bisky auf die Baukultur, so zeigt er immer wieder an diesem Beispiel die Veränderung der Stadt auf, ihre Verkleinerung, ja, ihr Schrumpfen nach dem Ende des 30-jährigen Krieges, ihre Expansion während der Aufklärung und insbesondere der Industrialisierung, ihre Zerstörung im Zweiten Weltkrieg, die Folgen der Teilung und Vereinigung der beiden Stadthälften nach 1990. Beeindruckend ist, wie akribisch Bisky in den Archiven recherchiert hat und dabei viele bislang unbekannte oder wenig beachtete Informationen und Dokumente zutage gefördert hat. Im Buch geht es um den Alltag in der großen Stadt, um Großes und um Kleines. Es geht um die Auswirkungen politischer Entscheidungen und dabei vor allem um die besondere Stellung Berlins als Stadt, als Residenzstadt und als Hauptstadt. Gegliedert ist das Buch in zehn große Kapitel, die für Epochen stehen: Hoffnung auf bessere Zeiten: Die Residenzstadt; Spree-Athen: Hauptstadt der Aufklärung; Neue Mächte; Die große Stadt; Berliner Moderne; Ein neues Berlin; Berlin wird zerstört; Geteilte Jahre; Zerschnittene Stadt; Wahnsinn der ersten Tage. Ein empfehlenswertes Buch, bei dem auch derjenige auf seine Kosten kommt, der sich nur einige Kapitel herauspickt.
Gabriele Schulz
Jens Bisky. Berlin: Biographie einer großen Stadt. Berlin 2019