Debo­rah Feld­man: Unorthodox

Es war ein­mal ein reg­ne­ri­scher Sonn­tag­nach­mit­tag – die Kon­takt­sper­ren aktiv, die Kul­tur­orte geschlos­sen, die beste Zeit für „Net­flix & Chill“. Zwi­schen schon Gese­he­nem und weni­ger Sehens­wer­tem ploppte die Mini­se­rie „Unor­tho­dox“ auf. Nach vier Fol­gen und vier Stun­den „Binge Wat­ching“ war klar: Mor­gen muss die gleich­na­mige Buch­vor­lage von Debo­rah Feld­man direkt gekauft wer­den. So packend die Geschichte, so bewe­gend die fil­mi­sche Umset­zung, so drin­gend das Bedürf­nis mehr zu erfahren.

Debo­rah Feld­man wurde in die chas­si­di­sche Sat­mar-Gemeinde, eine ultra­or­tho­doxe jüdi­sche Gruppe mit strengs­ten Regeln, in New York hin­ein­ge­bo­ren. Sie wächst dort im Haus ihrer Groß­el­tern, Holo­caust-Über­le­bende aus Ungarn, auf und wird mit 17 Jah­ren durch eine Kupp­le­rin verheiratet.

In „Unor­tho­dox“ erzählt Feld­man, wie sie vol­ler Mut und unfass­ba­rer Kraft aus ihrer repres­si­ven Ehe und der sek­ten­ar­ti­gen Gemeinde Stück für Stück und mit 23 Jah­ren end­gül­tig aus­bricht. Die Lese­rin­nen und Leser erfah­ren nicht nur Feld­mans per­sön­li­che Geschichte, son­dern ler­nen über reli­giöse Tra­di­tio­nen, erfah­ren vom jüdi­schen Wil­liams­burg der 1990er/2000er Jahre und erhal­ten einen nie dage­we­se­nen Ein­blick in die abge­schirmt lebende chas­si­di­sche Satmar-Gemeinde.

Die­sen Teil hat auch die Net­flix-Adap­tion mit dem Buch gemein; in ande­ren Tei­len unter­schei­den sich Serie und Buch bewusst stark vonei-nan­der, wie Feld­man im Making-of der fil­mi­schen Umset­zung erläu­tert. Die Haupt­fi­gur der Serie ist die junge Esty, die schwan­ger vor ihrem chas­si­di­schem Mann nach Ber­lin flieht und eine Musik­aus­bil­dung anstrebt. Für viele mag das bereits 2016 auf Deutsch erschie­nene Buch „ein alter Hut“ sein, Ihnen sage ich: Schauen Sie die fan­tas­tisch umge­setzte Serie in jid­di­scher Spra­che mit der bril­lan­ten Haupt­dar­stel­le­rin Shira Haas! Für einige mag die Lek­türe des Buches nach Kon­sum der Serie über­flüs­sig erschei­nen, Ihnen sage ich: Lesen Sie unbe­dingt Debo­rah Feld­mans kluge, mutige, inspi­rie­rende Bio­gra­fie, sie wird sie überraschen!

The­resa Brüheim

Debo­rah Feld­man. Unor­tho­dox. Mün­chen 2017. 9. Auflage

Von |2020-04-30T15:52:42+02:00April 30th, 2020|Rezension|Kommentare deaktiviert für Debo­rah Feld­man: Unorthodox
Theresa Brüheim ist Referentin für Kommunikation beim Deutschen Kulturrat und Chefin vom Dienst bei Politik & Kultur.