Woher kommst du? „Berlin.“ „Und woher kommst du wirklich?“ – Ein hier fiktiver Dialog, der für zahlreiche Deutsche mit Migrationshintergrund häufig Realität ist. In ihrem ersten Buch, einer selbstbetitelten Streitschrift, fordert Ferda Ataman die „Ausschließlichdeutschen“ gleich zu Beginn auf, endlich mit diesen Fragen aufzuhören – auch wenn oft keine „böse Absicht“ dahintersteht. Small Talk lässt sich auch über das Wetter führen.
Sie kritisiert, dass die Debatte in Deutschland schon viel weiter war. Doch nach der Ankunft einer Million Geflüchteter in der Bundesrepublik 2015 stellte sich eine Diskussion ein, die wie aus der Vergangenheit gegriffen erschien: Heute wird sogar wieder infrage gestellt, dass Deutschland ein Einwanderungsland sei. Dabei war es das doch schon lange vor 2015. Oft wird in der Debatte vergessen, dass Migrantinnen und Migranten schon längst da sind: Seit Jahrzehnten sind sie ein Teil des „Wir“ – und Deutschland ist auch ihr Land. Anhand dieses Ausgangspunktes widmet Ataman fünf Kapitel den gröbsten Missverständnissen in der Migrationsdebatte und fünf Kapitel ihren Vorschlägen für ein modernes Einwanderungsland.
Am Ende der Streitschrift steht für Ataman die Forderung nach einem neuen Selbstbild Deutschlands: „Eine Heimat-Idee, die alle mitnimmt – die Schonimmerhiergewesenen, die Zugewanderten und ihre Kinder, die Ostdeutschen und die Westdeutschen. Eine postmigrantische, postvereinigte Erzählung, an der man gern teilhat.“
Ataman zeichnet ihre Kritik und Vision gleichermaßen eingängig und verständlich, sodass sich das Buch in kürzester Zeit liest. Gut so, denn dann bleibt mehr Zeit, diese Streitschrift zu teilen und sie zu diskutieren. Denn dazu ist eine Streitschrift da: Pflicht ist die reflektierte Debatte. Und diese kommt in letzter Minute, denn ein modernes vielfältiges Deutschlandbild ist mehr als überfällig.
Theresa Brüheim
Ferda Ataman. Ich bin von hier. Hört auf zu fragen! Frankfurt am Main 2019