Weil ich hier leben will … der Titel des zum 80. Jahrestag der Reichspogromnacht erschienen Buches ist Programm. Im Buch sind 13 jüdische Stimmen zur Zukunft Deutschlands und Europas versammelt. Verfasst wurden die Beiträge von derzeitigen und ehemaligen Stipendiatinnen und Stipendiaten des Ernst Ludwig Ehrlich Studienwerks.
Die Artikel sind subjektiv und dies ist ihre Stärke. Sie zeigen den Impetus junger Menschen, sich in die Gesellschaft einzubringen. Sie legen ein beredtes Zeugnis vom jüdischen Leben heute ab. Ein wichtiger Aspekt ist dabei, dass einige der Autorinnen und Autoren aus der ehemaligen Sowjetunion stammen und als sogenannte Kontingentflüchtlinge in den 1990er Jahre nach Deutschland kamen. Sie spiegeln damit auch die Veränderung der jüdischen Gemeinden in Deutschland wider, denn die Zahl der Gemeindemitglieder vervielfachte sich durch die postsowjetischen Einwandererinnen und Einwanderer. Die jüdischen Gemeinden in Deutschland haben dabei eine sehr große Integrationsleistung erbracht.
Eine andere Gruppe an Autorinnen und Autoren sind junge Israelis, die Anfang der 2000er Jahre nach Deutschland, insbesondere nach Berlin kamen.
Nach einem einführenden Gespräch zwischen dem Rektor des Abraham Geiger Kollegs in Potsdam und Direktor des Ernst Ludwig Ehrlich Studienwerks Walter Homolka mit dem Berliner Senator für Kultur und Europa Klaus Lederer ist das Buch in folgende Abschnitte gegliedert: Ukraine, Russland, USA, Israel – und was ist eigentlich Deutschland?, Zwischen Assimilation und Desintegration, Neue Allianzen auf dem Weg in die Zukunft, War das was? – Altes Erinnern, neues Judentum, Zwischen Berghain und Club Odessa – Aktuelle Generationsfragen einer Gemeinschaft, Modern-Orthodox, Masorti, Liberal, Reform, Säkular – Aufbruch zu gelebtem Pluralismus?.
In jedem der Abschnitte kommen unterschiedliche Autorinnen und Autoren zu Wort, was zur Vielstimmigkeit beiträgt. Wer einen Eindruck von jungem jüdischem Leben heute bekommen möchte, der wird in diesem Buch fündig werden.
Gabriele Schulz