Kri­ti­sche Begleiter

Forum Men­schen­rechte

Als Teil der Zivil­ge­sell­schaft set­zen sich nicht staat­li­che Men­schen­rechts­or­ga­ni­sa­tio­nen in gro­ßer Zahl und weit­hin ver­nehm­bar für die Men­schen­rechte ein und ver­net­zen sich. Im Anschluss an die Welt­men­schen­rechts­kon­fe­renz von 1993 grün­dete sich im Januar 1994 auch in Deutsch­land mit dem Forum Men­schen­rechte ein bun­des­wei­ter Zusam­men­schluss von über­re­gio­nal arbei­ten­den Nicht­re­gie­rungs­or­ga­ni­sa­tio­nen (NRO), die sich für einen ver­bes­ser­ten Men­schen­rechts­schutz inner­halb und außer­halb Deutsch­lands stark machen.

Die gemein­same Arbeit der heute rund 50 deut­schen NROs zielt dar­auf ab, die natio­nale und inter­na­tio­nale Poli­tik von Bun­des­re­gie­rung und Bun­des­tag aus men­schen­recht­li­cher Sicht kri­tisch zu beglei­ten. Auch soll in Deutsch­land das Bewusst­sein für Men­schen­rechts­fra­gen geschärft und auf die Lösung hie­si­ger Men­schen­rechts­pro­bleme hin­ge­ar­bei­tet wer­den. Im Rah­men des Netz­wer­kes wer­den zudem gemein­same Men­schen­rechts­vor­ha­ben durchgeführt.

Die Arbeit des Forum Men­schen­rechte wird in einem Koor­di­nie­rungs­kreis abge­stimmt und von Arbeits­grup­pen getra­gen, die sich mit viel­fäl­ti­gen Men­schen­rechts­the­men beschäf­ti­gen. Das The­men­spek­trum reicht von der Arbeit der UN-Men­schen­rechts­in­sti­tu­tio­nen und den For­de­run­gen nach einer men­schen­rechts­ba­sier­ten Außen-, Frie­dens-, Wirt­schafts- und Ent­wick­lungs­po­li­tik über die Rechte von Kin­dern, Frauen und LGBTI* bis hin zum Schutz von Flücht­lin­gen und zur Anti­ras­sis­mus­ar­beit in Deutsch­land. Beson­dere Bedeu­tung wird der Unteil­bar­keit der bür­ger­li­chen, poli­ti­schen, wirt­schaft­li­chen, sozia­len und kul­tu­rel­len Men­schen­rechte beigemessen.

Der Opti­mis­mus der 1990er Jahre, dass sich Demo­kra­tie und Men­schen­rechte welt­weit aus­brei­ten wür­den, ist ange­sichts einer ver­än­der­ten poli­ti­schen Groß­wet­ter­lage inzwi­schen ver­flo­gen. Selbst­be­wusst set­zen sich Auto­kra­ten über Men­schen­rechte hin­weg und pro­pa­gie­ren offen ihren illi­be­ra­len, auto­ri­tä­ren Herr­schafts­stil. Zugleich sind die Demo­kra­tien einem „Stress­test“ aus­ge­setzt, wenn Rechts­po­pu­lis­ten an Stärke gewin­nen oder gar an die Macht gelan­gen. Der men­schen­recht­li­che Grund­kon­sens scheint vie­ler­orts zu brö­seln und es zeigt sich, dass men­schen­recht­li­che Errun­gen­schaf­ten nicht unum­kehr­bar sind – in Zei­ten von Sicher­heits­ängs­ten, rechts­po­pu­lis­ti­schen Tabu­brü­chen sowie glo­ba­len Flucht- und Migrationsbewegungen.

Zugleich setzte welt­weit ein Boom neuer oder ver­schärf­ter Gesetze und Ver­ord­nun­gen ein, die miss­braucht wer­den, um die Hand­lungs­spiel­räume für eine kri­ti­sche, plu­ra­lis­ti­sche Zivil­ge­sell­schaft ein­zu­schrän­ken. Dazu zäh­len Anti-Ter­ror-, Sicher­heits- und Straf­ge­setze ebenso wie gesetz­li­che und admi­nis­tra­tive Auf­la­gen für NROs, Ver­samm­lun­gen und (soziale) Medien. Beson­ders betrof­fen sind Men­schen­rechts­ver­tei­di­ge­rin­nen und -ver­tei­di­ger. Vie­ler­orts machen Regie­run­gen und Medien gezielt Stim­mung gegen sie, dif­fa­mie­ren sie als „Vater­lands­ver­rä­ter“, „Nest­be­schmut­zer“ und „aus­län­di­sche Agen­ten“ oder kri­mi­na­li­sie­ren sie als Straf­tä­ter oder Ter­ro­ris­ten. Zugleich ver­bit­ten sich nicht nur Auto­kra­ten eine Ein­mi­schung von außen und unter­bin­den mit­tels NRO-Geset­zen die aus­län­di­sche Unter­stüt­zung von loka­len Menschenrechtsorganisationen.

Die große Her­aus­for­de­rung besteht darin, unter solch wid­ri­gen Bedin­gun­gen die Men­schen­rechte zu ver­tei­di­gen und alte wie neue men­schen­recht­li­che Pro­bleme anzu­ge­hen, die sich aus poli­ti­schen Kon­flik­ten, glo­ba­lem wirt­schaft­li­chen Han­deln, kras­ser sozia­ler Ungleich­heit, Umwelt­zer­stö­run­gen, Flucht und Migra­tion oder auch aus tech­ni­schen Ent­wick­lun­gen erge­ben, etwa in der Medi­zin und der digi­ta­len Kom­mu­ni­ka­tion. Dazu bedarf es ent­schie­de­nen poli­ti­schen Han­delns, star­ker Men­schen­rechts­in­sti­tu­tio­nen und einer wach­sa­men Zivilgesellschaft.

Die­ser Text ist zuerst erschie­nen in Poli­tik & Kul­tur 6/2018.

Von |2019-06-17T10:12:49+02:00November 7th, 2018|Menschenrechte|Kommentare deaktiviert für

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Michael Krennerich ist Vorsitzender des Nürnberger Menschenrechtszentrums (NMRZ) und Mitglied des Koordinierungskreises des Forums Menschenrechte.