Aline Abboud

Aline Abboud ist Jour­na­lis­tin, Mode­ra­to­rin, Redak­teu­rin und Pod­cas­te­rin. Im Alter von 33 Jah­ren löste sie Pinar Ata­lay bei den „tages­the­men“ der ARD ab und war damit die jüngste Mode­ra­to­rin des bekann­tes­ten TV-Nach­rich­ten­ma­ga­zins Deutsch­lands. Sie wurde 1988 in Ost-Ber­lin gebo­ren. Ihr Vater kam als liba­ne­si­scher Foto­graf in die DDR und lernte dort ihre Mut­ter, eine Apo­the­ke­rin, ken­nen. Aline Abboud stu­dierte Ara­bi­stik in Leip­zig, Bei­rut und Istan­bul. Beim ZDF arbei­tete sie für „heute Xpress“ und die Rubrik „außen­dienst“ des „aus­lands­jour­nal“. In „Zenith – Der Nah­ost Pod­cast” spricht sie als Gast­ge­be­rin mit ver­schie­de­nen Stim­men über die Lage im Nahen Osten. In dem funk-For­mat „DIE DA OBEN!” infor­miert Aline Abboud eine junge Ziel­gruppe über hit­zige Debat­ten im Par­la­ment. Sie ist eben­falls Mode­ra­to­rin bei „tagesschau24“ und Autorin der arte Doku „Und jetzt wir!“ – Eine Gene­ra­tion schlägt Alarm. Aline Abboud enga­giert sich unter ande­rem bei „Triff mich!“, einem Pro­jekt der Deut­schen Tole­ranz­stif­tung, #Wir­s­ind­derOs­ten und GermanDream.

Seit 2021 arbei­ten Sie als bis­her jüngste Mode­ra­to­rin für die „tages­the­men“ im Ers­ten. Was ist Ihnen bei der Ver­mitt­lung von Nach­rich­ten beson­ders wichtig?

Mir ist beson­ders die Ver­ständ­lich­keit wich­tig. Ein­fa­che Worte, mög­lichst kurze Sätze, nor­male Sprache.

Die Zuschauer mög­lichst aller Alters­grup­pen sol­len mich, sol­len die Nach­rich­ten ver­ste­hen, dar­über nach­den­ken, für sich bewer­ten und nicht danach noch ver­wirr­ter, unsi­che­rer sein.

Denn Spra­che ist Framing. Spra­che löst Emo­tio­nen, Asso­zia­tio­nen aus. Ich will nicht den Welt­un­ter­gang her­bei­re­den, aber auch nicht die rosa Brille auf­set­zen. Ich stehe dort als Ver­mitt­le­rin der Nach­rich­ten der extrem kom­ple­xen und aktu­ell über­wäl­ti­gen­den Welt­lage. In der auch ich natür­lich nicht alles verstehe.

Sie sind Mit­glied der Gesell­schaf­ter­ver­samm­lung und Asso­ciate Part­ner der gemein­nüt­zi­gen „Can­did Foun­da­tion“ sowie Gast­ge­be­rin des Pod­casts „Zenith – Der Nah­ost Pod­cast”. Wofür setzt sich die Stif­tung ein?

Die Can­did foun­da­tion ist ein unab­hän­gi­ger, gemein­nüt­zi­ger „think and do-tank“ mit den Arbeits­schwer­punk­ten, ara­bi­sche Welt, Naher Osten, Kau­ka­sus und süd­li­ches Mit­tel­meer. Die Orga­ni­sa­tion setzt sich für den inter­na­tio­na­len und inter­kul­tu­rel­len Dia­log ein. Sie ent­wi­ckelt und setzt eine Viel­zahl von Pro­jek­ten um, unter ande­rem in der För­de­rung und Wei­ter­bil­dung von Jour­na­lis­ten, der digi­ta­len Trans­for­ma­tion und der zivi­len Kon­flikt­be­ar­bei­tung. Außer­dem gibt sie als Flagg­schiff­pro­jekt das renom­mierte Nah­ost-Maga­zin „Zenith“ heraus.

Wie neh­men Sie die Sicht­bar­keit und Dar­stel­lungs­weise von Men­schen mit Migra­ti­ons­ge­schichte in der deut­schen Medi­en­land­schaft wahr? Wie kann aktiv etwas für mehr Diver­si­tät in Film und Fern­se­hen getan werden?

Ich bin ohne den soge­nann­ten Titel „Migra­ti­ons­hin­ter­grund“ in Ber­lin groß gewor­den. Als Kind und Jugend­li­che war die­ser Aspekt nie ein Thema. Mitt­ler­weile hat sich alles geän­dert. Eigent­lich sollte es eine Selbst­ver­ständ­lich­keit sein und kein Ein­stel­lungs­grund. Aber die ein­stel­li­gen Zah­len für Men­schen mit Migra­ti­ons­bio­gra­fie beson­ders hin­ter der Kamera, in den Redak­tio­nen spre­chen eine andere Spra­che. Diver­si­tät heißt für mich aber nicht nur Migrationsbiografie.

Diver­si­tät bedeu­tet für mich auch ost­deut­scher Hin­ter­grund, mehr Frauen/mehr Män­ner, Men­schen mit Behin­de­rung, Men­schen aus ein­kom­mens­schwa­chen Fami­lien, Men­schen aus Arbei­ter­fa­mi­lien und viele mehr. Sprich, unter­schied­li­che Per­spek­ti­ven, Bio­gra­fien und Lebens­er­fah­run­gen beein­flus­sen die The­men­aus­wahl, die Spra­che, die Denk­weise, erhöht den Respekt und den Horizont.

Mehr Diver­si­tät in der Medi­en­land­schaft errei­chen wir meist nur durch Auf­bre­chen von alten Struk­tu­ren, seine eige­nen Vor­ur­teile hin­ter­fra­gen und dage­gen steu­ern, den Mut haben Men­schen eine Chance zu geben. Zu sagen, „wir wol­len ja, aber wir fin­den sie nicht“ ist nur eine bequeme Aus­rede. Sie sind alle da draußen!

Außer­dem waren Sie Teil des Dia­log­pro­jekts „Triff mich!“ und mode­rie­ren das funk-For­mat „DIE DA OBEN!“. Liegt Ihnen die Pro­duk­tion von Ange­bo­ten für die junge Gene­ra­tion beson­ders am Herzen?

Ja sehr. Die junge Gene­ra­tion ist mei­ner Auf­fas­sung nach deut­lich poli­ti­scher und will viel mehr par­ti­zi­pie­ren. Sie wol­len ernst genom­men wer­den.

Es klingt immer abge­dro­schen, aber Kin­der und Jugend­li­che sind nun mal unsere Zukunft. Wir müs­sen doch alles daran set­zen ihnen die beste Bil­dung, Infor­ma­tion und Werte zu vermitteln.

Sie bestim­men die Welt von mor­gen.  Respekt und Empa­thie sind, finde ich, in die­ser Welt so wich­tig und soll­ten immer ver­mit­telt wer­den. Der Schlüs­sel gegen Ras­sis­mus, Hass und Kon­flikte ist eine empha­ti­sche Gesell­schaft. Daran soll­ten wir immer und über­all arbeiten.

Die 15 The­sen der Initia­tive kul­tu­relle Inte­gra­tion tra­gen den Titel „Zusam­men­halt in Viel­falt“. Was bedeu­tet für Sie „Zusam­men­halt in Viel­falt“ und wel­che der 15 The­sen ist Ihre „Lieb­lings­these“?

Alle The­sen sind wich­tig und bedeu­tend. Aber ich finde die These „Kul­tu­relle Viel­falt ist eine Stärke“ sollte hier in Deutsch­land noch viel mehr Men­schen klar wer­den. Einige Men­schen haben Angst vor „Über­frem­dung“ oder Angst, ihre Pri­vi­le­gien zu ver­lie­ren. Dabei soll doch ein­fach nur der Kreis erwei­tert werden.

Kul­tu­relle Viel­falt sollte keine Angst, son­dern Freude berei­ten, weil die eigene Welt dadurch plötz­lich viel grö­ßer und span­nen­der wird.

Das för­dert mei­ner Mei­nung nach auch den Zusam­men­halt, weil wir alle Teil die­ses Pla­ne­ten sind und uns das jeden Tag aufs Neue ver­ge­gen­wär­ti­gen sollten.

Vie­len Dank!

Von |2023-07-07T15:13:53+02:00Juli 1st, 2023|Menschen|Kommentare deaktiviert für Aline Abboud