Das Modellprojekt „The Game is Not Over“ ist ein universalpräventives Projekt, das im Rahmen eines digitalen Spiels junge Menschen sowohl für rechtsextreme als auch religiös begründete Radikalisierungsprozesse sensibilisiert. Im Zentrum des Projekts steht die Entwicklung des digitalen Spiels, das im Schulunterricht mit 7. bis 10. Klassen genutzt werden kann. Das „Serious Game“ vermittelt dabei neben unterhaltenden Elementen auch Bildungsinhalte an die jugendlichen Spielerinnen und Spieler. Das Modellprojekt reagiert mit seinem Konzept auf die Tatsache, dass rechte und neosalafistische Gruppen und Akteurinnen und Akteure vermehrt versuchen, junge Menschen im digitalen Raum zu erreichen und sie dort für ihre Narrative zu begeistern. Auch Verschwörungserzählungen, die oft antisemitische Elemente enthalten, werden online und vorrangig in sozialen Medien verbreitet. Sowohl für rechtsextreme als auch für religiös begründete Radikalisierungsprozesse, für deren Risikofaktoren und Symboliken sowie für Verschwörungsmythen und deren antisemitische Elemente möchte das Projektteam auf Basis des digitalen Spiels sensibilisieren.
Die Hauptzielgruppe des Modellprojekts sind Schülerinnen und Schüler im Alter von 12 bis 19 Jahren, d. h. 7. bis 10. Klassen an Real-, Haupt-, Gesamt- und Förderschulen. Diese spielen das digitale Spiel namens „Hidden Codes“ im Rahmen des Schulunterrichts in ihren Klassenverbänden und reflektieren ihre Spielerfahrungen in der Gruppe und gemeinsam mit der betreuenden Lehrkraft sowohl während des Spielens als auch im Nachhinein.
Der Fertigstellung, Ankündigung und Veröffentlichung des Spiels geht eine aufwendige Konzeptionsphase voraus. Die inhaltliche Ausarbeitung des Spiels erfordert dabei vor allem die realistische und angemessene Gestaltung der zahlreichen Non-Player-Character (NPCs), mit denen der Spielende im Laufe des Spiels interagiert. Es wird außerdem eine fiktive Person erschaffen, die von den NPCs als radikalisiert (in den ersten zwei Episoden zunächst als rechtsaffin bzw. rechtsextrem) wahrgenommen wird und über deren Radikalisierungsverlauf und Ideologisierungsgrad es im Laufe des Spiels mehr herauszufinden gilt. Hierzu steht das Projektteam sowohl mit anderen pädagogischen Fachkräften des Trägers, aber auch mit Expertinnen und Experten aus der Wissenschaft im Austausch. Das Projektteam beauftragt einen externen Dienstleister mit der Programmierung des Spiels, und berät sich im Prozess fortlaufend mit einem heterogenen Expertinnen- und Expertenkreis aus Jugendlichen und pädagogischen Fachkräften (z. B. Lehrkräfte). Ziel dieser Austauschformate ist es, das Spiel didaktisch und visuell ansprechend zu gestalten und gleichzeitig die technische Umsetzbarkeit an Schulen zu gewährleisten. Es wird vor allem darauf Wert gelegt, dass die Interaktionen der Spielenden mit den NPCs realistisch sind und sowohl inhaltlich als auch rhetorisch die tatsächlichen Alltagserfahrungen der Jugendlichen spiegeln. Auch die visuelle Gestaltung des Spiels wird mit den Jugendlichen besprochen, Meinungen und Wünsche werden aufgenommen und an das Team der Programmiererinnen und Programmierer weitergeleitet. Nach der Fertigstellung des Prototyps des Spiels wird dieses einigen Schulklassen zur Verfügung gestellt, die noch einmal Feedback an das Projektteam zurückspiegeln. Die Konzeption der Inhalte weiterer Episoden des Spiels läuft parallel zur Umsetzung geplanter Formate weiter und auch Anpassungen des bereits fertiggestellten Spiels auf Basis von Rückmeldungen der beteiligten Lehrkräfte werden fortlaufend vorgenommen. Durch diesen iterativen Prozess werden die Perspektiven der Hauptzielgruppe, der sekundären Zielgruppe sowie der Wissenschaft einbezogen, um eine hohe Lebensweltorientierung, die technische Umsetzbarkeit im Schulunterricht sowie die fachliche Gegenstandsangemessenheit des Spiels zu gewährleisten.
Die vorbereitenden obligatorischen Workshops für die Lehrkräfte nehmen etwa drei Zeitstunden in Anspruch und werden sowohl in Präsenz als auch als digitales Format mit jeweils etwa 20 Teilnehmenden durchgeführt. In zwei Workshop-Parts erfahren die Lehrkräfte zunächst etwas zum Ablauf und zu den Inhalten des digitalen Spiels sowie zu Möglichkeiten der methodischen Vor- und Nachbereitung des Spiels mit den Jugendlichen. Darüber hinaus werden relevante Inhalte und Wissensbestände zu den im Spiel behandelten Themen (z. B. Verschwörungsmythen, Antisemitismus, Antifeminismus, rechtsextreme Symbole und Zeichen) besprochen. Die Workshops schaffen zudem eine Plattform für Vernetzung und kollegialen Austausch. Das Projektteam entwickelt unterstützend eine Handreichung bzw. ein Manual, das den Lehrkräften zur Verfügung gestellt wird. Materialien zu 14 Themen sind darin vertiefend aufbereitet (z. B. zu Antisemitismus, Verschwörungsmythen oder neurechten Bewegungen), welche je nach Vorwissen bzw. Interesse der Jugendlichen oder der Lehrkraft im Nachgang an das Spiel mit der Klasse behandelt werden können. Wie die Lehrkräfte das Spiel in den Unterricht einbinden und die Themen des Spiels rahmen bleibt diesen allerdings ultimativ selbst überlassen.
Das Projekt wurde gemeinsam mit der Spiele-Entwicklungsfirma „Playing History“, den Illustratorinnen und Illustratoren Meikey To, Jennifer Hicks, Soufeina Hamed und Hatice Çevik sowie der kulturellen Bildnerin Sarah Fartuun Heinze umgesetzt.
Gefördert wird das Projekt vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend im Rahmen des Bundesprogrammes Demokratie leben! und der Stiftung Erinnerung, Verantwortung und Zukunft im Rahmen des Förderprogrammes „Digital Memory“.
Nähere Informationen zu „Hidden Codes“ finden Sie hier.