Wenn man über etwas nicht spricht, braucht es vielleicht einfach noch ein wenig Zeit – oder ist es dann so, als wäre es nie passiert? Diese Frage stellt sich auch Ada in dem gleichnamigen Buch des Schauspielers Christian Berkel. Ihre Geschichte auf der Suche nach der Wahrheit nimmt einen mit ins Deutschland der Nachkriegsjahre.
Kurz vor Ende des Zweiten Weltkrieges in Leipzig geboren, flieht ihre jüdische Mutter mit ihr nach Buenos Aires, wo sie beide zum Christentum konvertierten. Mitte der 1950er-Jahre kommen sie zurück nach Deutschland. Doch dort scheint für die neunjährige Ada irgendwie alles anders als in Argentinien: „Die Schultern hochgezogen, die Köpfe geduckt, schienen alle Menschen etwas zu verbergen.“
In Berlin findet die Mutter den ehemaligen Geliebten wieder, woraufhin alles recht schnell geht: Umzug in ein gemeinsames Haus, Ada bekommt einen kleinen Bruder und findet in der Schule glücklicherweise eine gute Freundin. Doch irgendwie wirkt vieles verschwommen und unklar. Ist der Vater des Bruders wirklich auch der eigene? Irgendetwas verschweigt nicht nur die eigene Mutter, sondern es scheint, als will die gesamte Gesellschaft etwas verheimlichen – eine allgemein geltende „Schweigepflicht“. Als gäbe es keine Vergangenheit, sondern nur ein stetiges Bergauf, ausgehend von einem Punkt null. Über das, was davor war, spricht niemand.
Doch Ada stellt Fragen und je älter sie wird, desto mehr puzzelt sie sich ein Bild von der Gesellschaft, in der sie lebt, und dem Geschehenen selbst zusammen.
Ihr Weg führt sie aus Berlin zu Verwandten nach Paris bis in die USA. Dabei begleitet sie vor allem ein Gefühl: das Anderssein als die Generation der Eltern.
Ein mitreißendes Buch über das Finden einer eigenen Stimme. Die Geschichte eines Menschen, der sich nirgends richtig zugehörig fühlt und versucht, den eigenen Weg inmitten einer schweigenden Masse zu gehen.
Kristin Braband