Pro­jekt der Woche: „Dia­log und Auf­klä­rung – Anti­se­mi­tis­mus 2.0“

In den letz­ten Jah­ren haben anti­se­mi­ti­sche Straf­ta­ten und Vor­fälle welt­weit zuge­nom­men, ins­be­son­dere im Web 2.0. Im Jahr 2018 ver­öf­fent­lichte Prof. Monika Schwarz-Frie­sel von der Tech­ni­schen Uni­ver­si­tät Ber­lin unter dem Titel „Anti­se­mi­tis­mus 2.0 und die Netz­kul­tur des Has­ses“ die Ergeb­nisse einer Lang­zeit­stu­die. Sie stellte fest, dass nicht nur ein quan­ti­ta­ti­ver Zuwachs von Anti­se­mi­tis­mus zu ver­zeich­nen ist, son­dern dass auch die „Qua­li­tät“ anti­se­mi­ti­scher Äuße­rung in ihrer Radi­ka­li­tät zuge­nom­men hat – und dies nicht nur auf ver­ba­ler Ebene, son­dern auch in Bil­dern, Videos, Ton­auf­nah­men und Memes. Dies zeigte sich u. a. in den Kom­men­tar­spal­ten von Face­book, You­Tube, Twit­ter, Insta­gram sowie der klas­si­schen Medien. Dabei ist nicht aus­schlag­ge­bend, ob es inhalt­lich um das Juden­tum, den Holo­caust und seine Auf­ar­bei­tung, um Israel, den Nah­ost-Kon­flikt oder um Soli­da­ri­täts­ak­tio­nen gegen Anti­se­mi­tis­mus geht. Auch in ande­ren Zusam­men­hän­gen sind unzäh­lige Äuße­run­gen von Anti­se­mi­tis­mus zu finden.

In Kom­men­tar­spal­ten wird Anti­se­mi­tis­mus fast nie wider­spro­chen und auch Mode­ra­to­rin­nen und Mode­ra­to­ren löschen anti­se­mi­ti­sche Äuße­run­gen nur sel­ten. Ent­ge­gen der Annahme, es han­dele sich um einen „neuen“ Anti­se­mi­tis­mus, ist zu beob­ach­ten, dass sich zwar neue Mani­fes­ta­ti­ons­ar­ten her­aus­ge­bil­det haben. Die klas­si­schen anti­se­mi­ti­schen Ste­reo­type haben aller­dings nicht an Wirk­mäch­tig­keit ver­lo­ren und sind inte­gra­ler Bestand­teil jeder Form von aktu­el­lem Anti­se­mi­tis­mus. Kon­zep­tio­nell haben sich anti­se­mi­ti­sche Ein­stel­lun­gen über die Jahr­hun­derte im Kern jedoch nicht verändert.

Anti­se­mi­tis­mus ist ohne eine emo­tio­nale Dimen­sion undenk­bar. Dadurch besitzt er gerade für junge Men­schen, die viel Zeit im Netz ver­brin­gen, ein gro­ßes Beein­flus­sungs­po­ten­zial. 99% der 14- bis 24-Jäh­ri­gen nut­zen das Inter­net täg­lich, ein Drit­tel von Ihnen gibt an, nie off­line zu sein. Es ist sehr wahr­schein­lich, dass diese jun­gen Men­schen in der digi­ta­len Welt mit Anti­se­mi­tis­mus in Berüh­rung kom­men. Frag­lich ist aller­dings, ob Anti­se­mi­tis­mus dabei auch als sol­cher erkannt wird.

Daher besteht beson­ders bei jun­gen Men­schen zwi­schen 14 und 27 Jah­ren ein gro­ßer Bedarf an Auf­klä­rung. Das Pro­jekt „Dia­log und Auf­klä­rung – Anti­se­mi­tis­mus 2.0“ des JFDA hat zum Ziel, dass Jugend­li­che und junge Erwach­sene ler­nen, Anti­se­mi­tis­mus als sol­chen zu erken­nen und auf die­sen zu reagie­ren und dass sie sen­si­bel für all seine Erschei­nungs­for­men und Ste­reo­type wer­den. Dafür wird didak­ti­sches Mate­rial ent­wi­ckelt, das auf die Lebens­welt jun­ger Men­schen abge­stimmt ist, ihrer akti­ven Betei­li­gung im Netz ent­spricht und mit ihren all­täg­li­chen Erfah­run­gen kor­re­spon­diert. Die All­ge­gen­wart des Anti­se­mi­tis­mus und das Gefühl, als Jüdin und Jude einer omni­prä­sen­ten Gefahr aus­ge­setzt zu sein, hat sich in den ver­gan­ge­nen Jah­ren und Mona­ten mas­siv ver­stärkt. Im Zusam­men­hang mit der mas­si­ven Zunahme von Anti­se­mi­tis­mus im Inter­net zeigt sich, dass auf Gedan­ken, die ver­meint­lich anonym im Netz ver­fasst wer­den und dort kaum Wider­spruch erfah­ren, auch Taten fol­gen kön­nen. Das Pro­jekt ver­sucht, dem etwas entgegenzusetzen.

Wei­tere Infor­ma­tio­nen fin­den Sie auf der Web­seite des Ver­eins „Jüdi­sches Forum für Demo­kra­tie und gegen Anti­se­mi­tis­mus e.V.“

Von |2020-12-09T16:05:22+01:00Dezember 2nd, 2020|Projekt|Kommentare deaktiviert für Pro­jekt der Woche: „Dia­log und Auf­klä­rung – Anti­se­mi­tis­mus 2.0“