„Ich bin hineingeboren in ein Land in dem es keine unbelasteten Orte gibt. Immerzu bewegt man sich mitten im Grauen.“ (Joshua Groß, „Entkommen“, Berlin 2021, S. 218)
Die internationale Gruppenausstellung „in situ“ zeigt zeitgenössische Kunst, die sich mit den Verbrechen der NS-Diktatur auseinandersetzt. Im Studio West der Kunsthalle Darmstadt untersuchen neun künstlerische Positionen, wie Erinnerungsarbeit aus der Gegenwart heraus geleistet werden kann. Sie bedienen sich verschiedener Medien wie Fotografie, Video, Sound und Installation, die Bezüge zwischen Vergangenheit und Jetztzeit herzustellen vermögen. Der Ausstellungstitel „in situ“ (von lat. „an Ort und Stelle“) weist auf eine am historischen Objekt orientierte „archäologische“ Arbeitsweise hin.
Wie das eingangs vorangestellte Zitat von Joshua Groß andeutet, drang der Faschismus in alle Gesellschaftsschichten und Lebensbereiche ein. „Unbelastet“ ist auch die Kunsthalle Darmstadt nicht, in die 1936 die Femeaussstellung „Entartete Kunst“ einzog. Wie wichtig die Erinnerung an die Gleichschaltung, die Bücherverbrennung und die Shoa in allen Teilen der Gesellschaft samt dem Kunstbetrieb ist und bleibt, zeigte sich in jüngerer Zeit an dem Antisemitismus-Skandal um die Documenta (2022), sowie den Anschlägen in Halle (2019) und in Hanau (2020). „in situ“ vertraut auf die Kraft der Kunst, Geschichte zu aktualisieren und damit nachwachsenden Generationen zugänglich zu machen. Die Kunsthalle Darmstadt liefert mit dieser Gruppenausstellung und ihrem Begleitprogramm einen wichtigen Beitrag zum aktuellen gesellschaftlichen Diskurs.
Künstlerinnen und Künstler: Soso Dumbadze, Talya Feldman, Abie Franklin, Bastian Gehbauer, Jonas Höschl, Kollektiv Schandwache, Leon Kahane, Maria Margolina und Kai Altheim.
„in situ“ wird von Miriam Schmidt, Kai Altheim und Jonas Höschl kuratiert.
Mit der Vernissage am Freitag, den 3. November, fand das erste Gespräch mit dem Künstler Leon Kahane und Anna Witt vom aktivistischen Kunstkollektiv Schandwache statt. Moderiert wurde dieses von der Journalistin Anastasia A. Tikhomirova, die Antisemitismus im Kunstbetrieb und die Folgen in der Gesellschaft im Gespräch thematisierte. In der folgenden Veranstaltung wird es darum gehen, wie Erinnerungsarbeit heute aussehen kann: Lesung zu dem Buch „Versöhnungstheater“ mit dem Autoren Max Czollek. Im Anschluss findet ein Gespräch zwischen Max Czollek und Marc Grünbaum unter der Moderation von Larissa Smurago statt. Darauf folgt ein Plenum mit der Initiative WIR SIND HIER, die in ganz Deutschland gegen Rechtsextremismus und Antisemitismus kämpft. Dieses Plenum findet in Kooperation mit der Bundeszentrale für politische Bildung statt.
Unterstützt wird die Ausstellung von der Rudolf Augstein Stiftung, dem Darmstädter Förderkreis Kultur, der LfA Förderbank Bayern und der Bundeszentrale für politische Bildung.
Nähere Informationen über „in situ“ finden Sie hier.