Garan­ten der Mei­nungs- und Rundfunkfreiheit

Ein­bli­cke in die Arbeit einer Lan­des­me­di­en­an­stalt am Bei­spiel Thüringen

Kern­prin­zip unse­rer Medi­en­ge­sell­schaft ist die Staats­ferne. Sie ist essen­zi­ell für eine funk­tio­nie­rende Demo­kra­tie und Garant für die Unab­hän­gig­keit der Medien. Dies gilt auch für die Arbeit der Lan­des­me­di­en­an­stal­ten. Sie sind Anstal­ten des öffent­li­chen Rechts, aber keine staat­li­chen Organe, son­dern unab­hän­gige Medi­en­auf­sicht, staats­fern orga­ni­siert und finanziert.

Die ins­ge­samt 14 Lan­des­me­di­en­an­stal­ten in Deutsch­land haben ähn­li­che, aber je nach Bun­des­land auch vari­ie­rende Auf­ga­ben. Sie über­wa­chen vor allem den Pri­vat­rund­funk und die Tele­me­dien im Inter­net und för­dern die Medi­en­kom­pe­tenz. Die Anstal­ten koope­rie­ren bei bun­des­wei­ten Auf­ga­ben und Pro­jek­ten und sind in Fra­gen der tech­ni­schen Ent­wick­lung und der Digi­ta­li­sie­rung aktiv. Ihre Finan­zie­rung rekru­tiert sich vor­nehm­lich aus einem 1,89-prozentigen Anteil des Rund­funk­bei­trags. Da der Rund­funk­bei­trag sich seit andert­halb Jahr­zehn­ten nur mar­gi­nal ver­än­dert hat, gilt dies auch – trotz gewach­se­ner Auf­ga­ben und gestie­ge­ner Kos­ten – für die Finan­zie­rungs­grund­lage der Landesmedienanstalten.

Genau wie die öffent­lich-recht­li­chen Rund­funk­an­stal­ten, ARD, ZDF und Deutsch­land­funk, besit­zen die Lan­des­me­di­en­an­stal­ten unab­hän­gige Auf­sichts­gre­mien. In die­sen fin­den sich wei­sungs­freie Ver­tre­te­rin­nen und Ver­tre­ter aus Wirt­schaft, Wis­sen­schaft, Kir­che, Poli­tik und ande­ren gesell­schaft­li­chen Grup­pen zusam­men. Diese Gre­mien haben weit­rei­chende Befug­nisse, ähn­lich einem Par­la­ment: Sie wäh­len unter ande­rem die haupt­amt­li­chen Spit­zen der Lan­des­me­di­en­an­stal­ten, über­wa­chen deren Arbeit und ent­schei­den über den Haus­halt. In Thü­rin­gen etwa wird die Ver­samm­lung der Lan­des­me­di­en­an­stalt von der Wirt­schafts­ver­tre­te­rin Ute Zacha­rias gelei­tet, seit 2007 ist gewähl­ter Direk­tor der Jurist Jochen Fasco.

Lan­des­me­di­en­an­stal­ten ver­ge­ben Sen­de­li­zen­zen an pri­vate Rund­funk­an­bie­ter und über­prü­fen, ob diese die nöti­gen Vor­aus­set­zun­gen erfül­len. Dies gilt vom loka­len Sen­der über lan­des­weite Hör­funk­ver­an­stal­ter bis hin zu RTL oder SAT.1. Ein mar­kan­tes Bei­spiel ist der Fall von RTDE im Jahr 2022: Auf­grund man­geln­der Staats­ferne wurde dem eng mit dem rus­si­schen Staat ver­bun­de­nen Sen­der die geplante Rund­funk­ver­brei­tung in Deutsch­land unter­sagt. Russ­land drohte den an die­ser Ent­schei­dung Betei­lig­ten öffent­lich ein Ein­rei­se­ver­bot an. Deut­sche Gerichte haben die Ent­schei­dung der Lan­des­me­di­en­an­stal­ten bestätigt.

Lan­des­me­di­en­an­stal­ten sind auch für die Medi­en­über­wa­chung zustän­dig. Sie über­prü­fen, ob Gesetze im Bereich Rund­funk und im Bereich Tele­me­dien, auch z.B. Online-Games, ein­schließ­lich Wer­be­zei­ten und Jugend­schutz, beach­tet wer­den. Bei Ver­stö­ßen, ob im TV oder online, wer­den die Medi­en­an­stal­ten aktiv. Kürz­lich wurde von ihnen, auch von der Thü­rin­ger Lan­des­me­di­en­an­stalt (TLM), eine Radio­kam­pa­gne der Bun­des­re­gie­rung – „Die Bun­des­re­gie­rung infor­miert: So ent­las­ten wir Deutsch­land“ – als unzu­läs­sige poli­ti­sche Wer­bung gerügt.

Seit eini­gen Jah­ren haben die Län­der die Medi­en­an­stal­ten auch mit der Algo­rith­men­auf­sicht über die Inter­me­diäre betraut. Gemein­sam mit der Kom­mis­sion für Jugend­me­di­en­schutz, einem zwölf­köp­fi­gen Exper­ten­gre­mium, in dem neben den Lan­des­me­di­en­an­stal­ten auch Bund und Län­der ver­tre­ten sind, haben sie bei­spiels­weise inter­na­tio­nal agie­ren­den Por­no­por­ta­len den Kampf ange­sagt und bereits eine Reihe von Gerichts­ver­fah­ren gewon­nen. Hier und in ande­ren grenz­über­schrei­ten­den Fäl­len ist die enge Zusam­men­ar­beit mit den euro­päi­schen Regu­lie­rungs­in­sti­tu­tio­nen von gro­ßer Bedeu­tung. Der Digi­tal Ser­vices Act (DSA) der EU greift die­ses Thema nun ver­stärkt auf.

Die Lan­des­me­di­en­an­stal­ten sind für die För­de­rung von Medi­en­viel­falt und Mei­nungs­plu­ra­lis­mus zustän­dig. In Thü­rin­gen ist dies beson­ders wich­tig, da die Zei­tungs­land­schaft dort stark von einer bun­des­deut­schen Ver­lags­gruppe geprägt ist. Um die lokale Viel­falt zu sichern, unter­stützt die TLM wer­be­fi­nan­zier­tes Lokal­fern­se­hen und nicht kom­mer­zi­elle, von Ver­ei­nen getra­gene Bür­ger­ra­dios. Im Rah­men des Akti­ons­plans „Lokale Medi­en­viel­falt sichern – Demo­kra­tie in Thü­rin­gen stär­ken“ wer­den von der TLM trans­pa­rent und dis­kri­mi­nie­rungs­frei Lan­des­mit­tel an die Sen­der wei­ter­ge­ge­ben. Aktu­ell hat der För­der­plan ein Gesamt­vo­lu­men von 0,8 Mil­lio­nen Euro. Die TLM bemüht sich um Ver­ste­ti­gung und Aus­wei­tung die­ses Aktionsplans.

Die rasante Digi­ta­li­sie­rung und das Auf­kom­men von KI erhö­hen den Bedarf an Medi­en­bil­dung. Als Kern­auf­gabe der Lan­des­me­di­en­an­stal­ten passt sich diese stän­dig an. Thü­rin­gen war Vor­rei­ter in der gesetz­li­chen Ver­an­ke­rung der Medi­en­kom­pe­tenz­ver­mitt­lung. Die TLM arbei­tet ent­lang der gesam­ten Bil­dungs­kette, vom Kin­der­gar­ten über Schule, außer­schu­li­sche Jugend­ar­beit, Erwach­se­nen­bil­dung bis hin zu Senio­ren­ar­beit, unter ande­rem eng mit der Lan­des­re­gie­rung und vie­len Stake­hol­dern zusam­men. Aktu­ell fokus­siert das Sozi­al­mi­nis­te­rium auf Medi­en­bil­dung für Fami­lien sowie Senio­rin­nen und Senio­ren und stellt Mit­tel dafür bereit, um die­ses Thema ins ganze Land aus­zu­rol­len. Die Kul­tur­land­schaft Thü­rin­gens ist eine wahre Schatz­kam­mer deut­scher Kul­tur­ge­schichte. In einer Zeit, in der Infor­ma­tio­nen und Erleb­nisse immer nur einen Klick ent­fernt sind, ste­hen die Kul­tur­ein­rich­tun­gen auch an einem Wen­de­punkt. Thea­ter und Museen stel­len sich dem digi­ta­len Zeit­al­ter. Auch hier arbei­tet die TLM eng mit der für Kul­tur­fra­gen zustän­di­gen Staats­kanz­lei bei der Ent­wick­lung einer Digi­tal­stra­te­gie zusam­men. Der Muse­ums­be­such ist nicht mehr nur vom stil­len Betrach­ten geprägt, son­dern auch von indi­vi­du­ell gestal­te­ten Audio­gui­des, die per­sön­li­che Geschich­ten ins Ohr zau­bern. Ein lang­jäh­ri­ges, erfolg­rei­ches TLM-Pro­jekt der kul­tu­rel­len Medi­en­bil­dung ist z. B. „Hör mal im Museum“, bei dem Kin­der und Jugend­li­che Audio­gui­des für ihre Alters­gruppe erstellen.

Die­ser Test ist zuerst erschie­nen in Poli­tik & Kul­tur 10/2023.

Von |2023-10-27T12:55:25+02:00September 27th, 2023|Meinungsfreiheit|Kommentare deaktiviert für

Garan­ten der Mei­nungs- und Rundfunkfreiheit

Ein­bli­cke in die Arbeit einer Lan­des­me­di­en­an­stalt am Bei­spiel Thüringen

Jochen Fasco ist Direktor der Thüringer Landesmedienanstalt (TLM). Er ist Beauftragter für Medienkompetenz der Landesmedienanstalten und stellvertretender Vorsitzender der Kommission für Jugendmedienschutz.