Die Lippstädter Synagoge wurde 1852 von der gut vernetzten und anerkannten jüdischen Gemeinde Lippstadts gebaut. Noch 1927 gibt es zum 75jährigen Bestehen einen begeisterten Bericht in der örtlichen Tageszeitung; wenige Jahre später wird die Synagoge während der Novemberpogrome 1938 zerstört. Nur die Außenmauern bleiben stehen, die Ruine dient Nachbarn als Hühnerstall. In den 50er Jahren verkauft der Jewish Trust das Grundstück an Geschäftsleute, die die ehemalige Synagoge umbauen, um das Gebäude profan zu nutzen (als Werkstatt/Lager). Auf dem ehemaligen Vorplatz der Synagoge wird ein Wohnhaus errichtet, so dass das ehemalige Gotteshaus nicht mehr zu erkennen ist. Ende der 80er Jahre wird das verschandelte Gebäude, das noch Bestandteile der ehemaligen Synagoge birgt, unter Denkmalschutz gestellt, in der Öffentlichkeit aber weitgehend vergessen.
Einige engagierte Bürgerinnen und Bürger entscheiden 2019/20, etwas zu unternehmen, um die ehemalige Synagoge und ihre Geschichte zu würdigen. Der private Eigentümer kann überzeugt werden, das Gebäude für einen Tag der Offenen Tür im September 2020 zur Verfügung zu stellen, der überaus große Resonanz findet. Trotz Corona finden 2020/21 weitere Veranstaltungen statt. Im Februar 2022 wird der Trägerverein „Kulturraum Synagoge Lippstadt e. V.“ gegründet, der seither das Gebäude, den ehemaligen Synagogengarten und das historisch bedeutende Gartenhaus zu einem Ort für Kultur, Gedenken und Begegnung entwickelt.
Das Programm bietet ein umfangreiches Angebot an Veranstaltungen: Lesungen, Filmabende, Konzerte, historische und künstlerische Ausstellungen, Vorträge, Workshops, Diskussionen und ortsspezifische Projekte. Auch das versehrte Gebäudeensemble soll langfristig nach und nach behutsam renoviert werden. Der Ort und seine Geschichte sind so wieder präsent im kulturellen Leben und in der Öffentlichkeit, wenn auch nicht in der ursprünglichen Funktion als Synagoge. Es gibt keine jüdische Gemeinde mehr in Lippstadt, und nach Rücksprache mit der zuständigen Gemeinde in Paderborn wurde der neuen Nutzung als Kulturraum zugestimmt.
Kein Kulturraum wie andere jedoch: Die Geschichte des Raums ist bei allen Veranstaltungen präsent und bildet den Ausgangspunkt der Aktivitäten, sei es durch die Veranstaltungsthemen, sei es bei den drei permanenten künstlerischen Installationen, die bisher vor und in der ehemaligen Synagoge entstanden sind. Gleichzeitig soll das Programm aktuelle künstlerische Entwicklungen und gesellschaftliche Diskurse spiegeln. Die Initiative unternimmt so den Versuch, hier einen Ort der Kultur und des Gedenkens zu etablieren, der für Toleranz, Mitmenschlichkeit und einen respektvollen Umgang miteinander einsteht.
Nähere Informationen über den „Kulturraum Synagoge Lippstadt e. V.“ finden Sie hier.