Kristin Braband 31. Oktober 2019 Logo_Initiative_print.png

Tagung: 75 Jahre Befrei­ung des Kon­zen­tra­ti­ons­la­gers Ausch­witz – „Die Aus­ein­an­der­set­zung mit der Geschichte ist nie abgeschlossen“

75 Jahre Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz: „Die Auseinandersetzung mit der Geschichte ist nie abgeschlossen“ (These 13)

Am 27. Januar 2020 jährte sich die Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz zum 75. Mal. Seit dem Jahr 2005 wird dieser Tag als Internationaler Tag zum Gedenken an die Opfer des Holocaust begangen.

Einen Tag nach dem 75. Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz lud am 28. Januar 2020 die Initiative kulturelle Integration in das Haus des Deutschlandfunk Kultur zur Tagung ein: Wie wollen wir in Zukunft an die Shoah erinnern? – „Die Auseinandersetzung mit der Geschichte ist nie abgeschlossen“. Knapp 200 Teilnehmerinnen und Teilnehmer folgten der Einladung, um eine Standortbestimmung abzugeben und einen Ausblick auf die zukünftigen Herausforderungen der Erinnerungsarbeit zu diskutieren.

Fotos: Jule Roehr

Zuvor begrüßten der Programmchef des Deutschlandfunk Kultur Dr. Hans Dieter Heimendahl sowie der Sprecher der Initiative kulturelle Integration und Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates Olaf Zimmermann.

Als Vertreterin der Bundesregierung und Mitglied der Initiative kulturelle Integration forderte Annette Widmann-Mauz, Staatsministerin für Integration: „Jüdisches Leben muss frei und in Frieden blühen können. Das ist Auftrag für alle 83 Millionen Menschen im Land. Alle Menschen, auch Einwanderer, Ihre Kinder und Enkel müssen sich mit der deutschen Geschichte auseinandersetzen. Nur dann können sie vollständiger Teil des Landes werden.“

Der Vizepräsident des Zentralrates der Juden in Deutschland Mark Dainow rief in Erinnerung: „Die Auseinandersetzung mit der Shoah und der heutige Umgang mit diesem Teil der deutschen Geschichte – das ist für manche Menschen eine wissenschaftliche Frage, für andere ein entferntes historisches Geschehen. Doch für uns, für die jüdische Gemeinschaft, ist es die Geschichte unserer Familien. Die Erinnerung an die Shoah berührt unsere Seelen.“

Der Begrüßung folgten Impulsvorträge aus der Perspektive drei verschiedener Disziplinen: der Kulturwissenschaftlerin und Friedenspreisträgerin des Deutschen Buchhandels Prof. Dr. Dr. Aleida Assmann, des Jenaer Zeithistorikers Prof. Dr. Norbert Frei und des israelischen Soziologen Prof. Dr. Natan Sznaider.

In der anschließenden Podiumsdiskussion waren sich die Impulsgeber einig, dass die zukünftige Erinnerungsarbeit deutlicher dem Wiedererstarken von rechtspopulistischen und antisemitistischen Strömungen entgegen treten müsste. Für das Ende der Überlieferung durch Zeitzeugen des Holocaust bereite man sich schon seit vielen Jahren vor. Hierbei spielen auch andere Ausdrucksformen der Erinnerung, insbesondere im künstlerischen Bereich eine große Rolle.

Diese und weitere zentrale Fragen der Erinnerungsarbeit wurden am Nachmittag in vier Workshops zu den Themen Erinnerung in einer multiethnischen Gesellschaft, Verlockung der Historisierung, Erinnerung in der Zivilgesellschaft und neuen Formen der Erinnerung vertieft diskutiert.

In der abschließenden Diskussionsrunde wurde noch einmal die Komplexität der Anforderung an die Erinnerungskultur reflektiert. Dabei spielte auch eine Rolle, dass Erinnerung einen Wert an sich darstellt. Prof. Dr. Raphael Gross, Präsident der Stiftung Deutsches Historisches Museum, regte an, die Erinnerung und ihre Verschränkung mit Normen, ethischen Werten, unserem Demokratieverständnis sowie anderen Fokussierungen stärker aufzulösen. Er sagte: „Vielleicht ist es hilfreich, die unterschiedlichen Zugänge ernst zu nehmen und die Differenzen auszuhalten.“

Der Sprecher der Initiative kulturelle Integration und Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates Olaf Zimmermann resümierte: „Die Tagung zeigte, dass es die abgeschlossene Erinnerungskultur nicht gibt. Erinnerungskultur ist, ebenso wie die Erinnerung selbst, komplex. Umso wichtiger ist es, für alle in Deutschland lebenden Menschen sich der Aufgabe des Erinnerns zu stellen und dabei die Einnerung an die Shoah in den Mittelpunkt zu rücken.“


Referentinnen und Referenten waren: Ester Amrami, Prof. Dr. Dr. Aleida Assman, Dr. Johann Hinrich Claussen, Mark Dainow Jo Frank, Prof. Dr. Norbert Frei, Prof. Dr. Viola B. Georgi, Prof. Dr. Raphael Gross, Dr. Elke Gryglewski, Dr. Hans Dieter Heimendahl, Prof. Dr. Doron Kiesel, Dr. Dani Kranz, Prof. Dr. Yael Kupferberg, Daniel Lörcher, Dr. Thomas Lutz, Aiman A. Mazyek, Dr. Katja Petrowskaja, Prof. Dr. Natan Sznaider, Ali Ertan Toprak, Staatsministerin Annette Widmann-Mauz, Dr. Lea Wohl von Haselberg, Dr. Mirjam Zadoff, Felix Zimmermann und Olaf Zimmermann.

Moderiert wurde die Tagung von Shelly Kupferberg.


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