Olaf Zimmermann 4. September 2019 Logo_Initiative_print.png

Eröff­nungs­rede von Olaf Zim­mer­mann, Spre­cher der Initia­tive kul­tu­relle Inte­gra­tion, zur zwei­ten Jah­res­ta­gung der Initia­tive am 3. Sep­tem­ber 2019

Sehr geehrte Frau Staatsministerin, liebe Monika Grütters,
meine sehr verehrten Damen und Herren,

„Zusammenhalt in Vielfalt“ titeln die 15 Thesen der Initiative kulturelle Integration, als deren Sprecher ich sie heute begrüßen darf.

Erarbeitet wurden die Thesen von einem breiten Bündnis von insgesamt 28 Organisationen und Institutionen der Zivilgesellschaft, der Sozialpartner, der Kirchen und Religionsgemeinschaften, der Medien, des Bundes, der Länder und Kommunen.

Dabei hatten die Mitglieder stets die Rolle der kulturellen Integration für den gesellschaftlichen Zusammenhalt aller in Deutschland lebenden Menschen vor Augen.
Zwei Tage nach den erschütternden Wahlergebnissen in Brandenburg und Sachsen sind die Thesen aktueller denn je!

Sie merken, ich finde nicht, wie einige Kommentatoren schreiben, dass wir mit einem blauen Auge davongekommen sind. 595.530 Menschen haben mit ihrer Zweitstimme in Sachsen die AfD gewählt (27,5%), in Brandenburg waren es 297 429 (23,5%) Bürgerinnen und Bürger. Bei der Erststimme waren es in Sachsen sogar noch etwas mehr und in Brandenburg etwas weniger.

Jede einzelne Stimme für die AfD, ist eine Zuviel!

Nur 47 Prozent der Deutschen sind „zufrieden“ oder „sehr zufrieden“ mit dem Funktionieren unserer Demokratie, so das aktuelle Ergebnis einer repräsentativen Umfrage von Infratest Dimap. Mehr als die Hälfte der Bürger in Ost und West sind unzufrieden. Ein zutiefst alarmierendes Ergebnis.

Unsere 15 Thesen „Zusammenhalt in Vielfalt“ beschreiben die Grundlage für ein gelingendes Zusammenleben in Deutschland. Gegen Ausgrenzung, Fremdenfeindlichkeit und Hass muss sich eine Gesellschaft immunisieren. Die 15 Thesen können dabei helfen. Werfen Sie ruhig noch einmal einen Blick auf die Thesen und besuchen sie auch unsere neue Website www.initiative-kulturelle-intergration.de!

Sehr herzlich sei Ihnen, liebe Frau Staatsministerin Grütters, an dieser Stelle für die finanzielle wie ideelle Unterstützung der Initiative kulturelle Integration von Anfang an gedankt. Danken möchte ich auch Geschäftsführender Direktor des Jüdischen Museums, Martin Michaelis, für seine Gastfreundschaft in diesen wunderbaren Räumen.

Danken möchte ich auch ganz herzlich den Ausstellerinnen und Ausstellern, die heute aus unseren Reihen treten, um ihre jeweiligen Häuser und Initiativen zu präsentieren und dazu das Gespräch anbieten. In der Mittagspause wird es hierzu noch reichlich Gelegenheit geben.

Meine Damen und Herren, die Europawahl und drei von vier Landtagswahlen haben bereits stattgefunden. Wichtige Jubiläen, wie 70 Jahre Grundgesetz, 30 Jahre Fall der Mauer, 100 Jahre Weimarer Republik und erst Vorgestern 80 Jahre Überfall der Deutschen Wehrmacht auf Polen durchziehen dieses Jahr. Immer sind es besonders die Medien, die uns diese Ereignisse vermitteln. Deshalb haben sich die Mitglieder der Initiative kulturelle Integration für die diesjährige Jahrestagung für das Thema Demokratie und Medien entschieden.

Vor dem Hintergrund der These 6 „Demokratische Debatten- und Streitkultur stärkt die Meinungsbildung in einer pluralistischen Gesellschaft“ wollen wir heute Vormittag die bedeutende Rolle der Medien im demokratischen Diskurs kritisch beleuchten. Ohne Pressefreiheit keine Meinungsvielfalt: Die Unabhängigkeit der Medien als „Dienst an der Öffentlichkeit“ bildet die Grundlage für die lebhafte Debattenkultur, der wir uns in unserem Land erfreuen und die es unbedingt zu erhalten gilt. Aber wie demokratiewirksam sind unsere unabhängigen Medien?

Die zunehmende Streichung aufwändigen Recherchejournalismus, die Verkürzungen und algorithmischen Vorfilterungen von Informationen in den sozialen Medien, die immer schnellere Taktung von aktuellen Nachrichten, das sind Kennzeichen des digitalen Strukturwandels, die die Medien vor große Herausforderung stellen.

Vor einem Jahr erschütterte unsere Republik der sogenannte „BAMF-Skandal“: Als „Mutter Teresa von der Weser“ wurde der Leiterin der Bremer BAMF-Filiale vorgeworfen, aus reiner Menschenfreundlichkeit 1200 rechtswidrige positive Asylbescheide ausgestellt zu haben. Nach einer Berichterstattungslawine, hohen politischen Aufwallungen, Versetzungen und umfangreichen internen Überprüfungen von 18.000 positiven Bescheiden wissen wir heute, dass lediglich 28 Bescheide von den Revisoren zurückgenommen werden mussten.

Fast nichts, was die Ursprünglichen von vielen Medien transportieren Verdächtigungen anbelangt war wahr. Die geschädigten Menschen, das weiter angeheizte Klima zur Flüchtlingspolitik, der Vertrauensverlust in die Berichterstattung der Medien allerdings sind Folgen, deren Auswirkungen wir an anderen Stellen – wie den Wahlergebnissen des vergangenen Sonntages – zu spüren bekommen.

Sorgfältigkeit und Ausgewogenheit kennzeichnen einen Recherche-Journalismus, den wir Bürger von unseren unabhängigen Medien zurecht erwarten. Nur so können wir uns informiert an demokratischen Prozessen beteiligen und unseren Bürgerpflichten nachkommen. Eine von steter Aktualität, Schlagzeile und Quote getriebene Berichterstattung büßt nicht nur Vertrauen auf ihren Wahrheitsgehalt ein, sondern „schafft – so Heribert Prantl – in ihrer Überaufmerksamkeit auch Überbedeutung“. Deshalb habe ich im Juni vergangenen Jahres ein Jahr Talkpause im Ersten und im ZDF gefordert, ein Innehalten und Überdenken von Konzepten, die nicht jedem Ressentiment eine mediale Bühne bauen sollten.

Aber damit befinde ich mich schon in Mitten der Debatte des heutigen Vormittags und ich freue mich auf die Ausführungen unseres Medienexperten Professor Bernhard Pörksen und der anschließenden Überprüfung durch die Vertreter der verschiedenen Sendeunternehmen.

Am Nachmittag wechseln wir die Perspektive und blicken auf die Informationsangebote für Migrantinnen und Migranten sowie Geflüchtete: Sind die Angebote und Instrumente ausreichend, um sich an den Debatten in unserem Land beteiligen zu können. Sind sie geeignet damit Migrantinnen und Migranten eigene Debatten platzieren können. Was braucht es darüber hinaus? Können wir auch hier von unseren Nachbarn lernen? Einen Stuhl haben wir bei dieser Diskussionsrunde bewusst für das Publikum reserviert.

In diesem Sinne freue mich aufs Debattieren, und es darf – ganz im Einklang mit unserer These – auch gern gestritten werden!

Ich wünsche uns allen eine spannende Tagung!

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