Maike Karnebogen 4. Juni 2021 Logo_Initiative_print.png

Tove Dit­lev­sen: Kindheit

Mehr als 50 Jahre nach dem Original ist mit „Kindheit“ von Tove Ditlevsen der dänische Klassiker aus dem Jahr 1967 auch in deutscher Übersetzung von Ursel Allenstein erschienen. Eine Wiederentdeckung, an der man in den deutschen Buchläden kaum vorbeikam. In drei schmalen autobiografisch geprägten Büchern, der Kopenhagen-Trilogie, erzählt Ditlevsen aus ihrer „Kindheit“, ihrer „Jugend“ sowie von ihrer „Abhängigkeit“.

„Kindheit“ erzählt vom Aufwachsen im Kopenhagen der 1920er Jahre in einfachen Verhältnissen im trostlosen Arbeitermilieu. Ein Leben auf engem Raum. Das Verhältnis zur Mutter ist eng, qualvoll und unsicher. Nach Zeichen von Liebe muss die Ich-Autorin suchen. Der Vater, ein Heizer, wird in der Weltwirtschaftskrise arbeitslos. Es ist das Drama eines begabten Arbeiterkindes im Stadtviertel Vesterbro, das sich für die Welt der Bücher interessiert. Das Dichterin werden möchte. Das trotz Begabung nicht aufs Gymnasium durfte. Das nicht in die Welt um sie herum passt und versucht, sich mit ihren Gedichten ein Stück weit zu befreien, der Trostlosigkeit zu entfliehen. Doch ihr wird beigebracht, dass ein Mädchen nie Dichterin werden kann, sondern Hausfrau und Gattin. Immer wieder stößt sie auf Hindernisse und Widerstand. An ihrem Traum hält Tove Ditlevsen dennoch fest, notiert stets Gedichte in ihr Poesiealbum. Der erste Teil der Kopenhagen-Trilogie ist beklemmend und düster. „Dunkel ist die Kindheit, und sie winselt wie ein kleines Tier, das man in einen Keller eingesperrt und vergessen hat.“ Die nüchternen Erinnerungen und Erlebnisse eines am Anfang fünfjährigen Mädchens treffen auf essayistische Absätze und kurze Gedichte. Wer in die düstere, literarisch herausragende Welt von Tove Ditlevsen abtauchen will, dem seien alle drei Bände der Trilogie ans Herz gelegt.

Maike Karnebogen

Tove Ditlevsen. Kindheit. Berlin 2021

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