Kristin Braband 4. November 2020 Logo_Initiative_print.png

Ronen Steinke: Ter­ror gegen Juden

Eine 89 Seiten lange Chronik antisemitischer Gewalttaten in Deutschland seit 1945 steht am Ende des Buches „Terror gegen Juden. Wie antisemitische Gewalt erstarkt und der Staat versagt“. Der Autor Ronen Steineke, promovierter Jurist und Redakteur der Süddeutschen Zeitung, nennt es eine Anklage.  

Die Chronik beinhaltet nur antisemitisch motivierte Gewalttaten und ist bei Weitem nicht vollständig. Denn, nicht alle antisemitischen Übergriffe werden als diese gezählt, nicht alle werden polizeilich erfasst und nicht alle werden überhaupt erst gemeldet. Das fehlende Vertrauen in Polizei und Justiz durch mangelnde Unterstützung, die Angst vor antisemitischen Einstellungen in den Institutionen sowie keine einheitliche Antisemitismusdefinition in der Justiz führen dazu, dass diese Chronik lückenhaft ist.  

Die Bedrohungen kommen nicht nur aus der rechtsextremen Szene, sondern auch antizionistisch motivierte Übergriffe von Linksradikalen sowie der muslimische Antisemitismus haben in den letzten Jahren zugenommen.  

Aus jüdischen Gemeinden mussten Festungen werden“, schreibt Steinke. Meist müssen sie für ihre Sicherheit selbst aufkommen: Sie finanzieren sich über Bekenntnissteuern und Spenden, das Sicherheitspersonal sind oft junge Israelis, die gerade aus dem Armeedienst kommen.  

In Deutschland gibt es 105 jüdische Gemeinden und 140 Synagogen. Das ist weniger als allein die Stadt London hat. Sie sollten nicht um Einschätzung der Sicherheit und erst recht nicht um ihre Gewährleistung bitten oder gar bangen müssen. Die alltägliche Bedrohung darf nicht als jüdisches Lebensrisiko akzeptiert werden.  

Der Schutz von Leben muss in einem Rechtsstaat gewährleistet sein und kann nicht wie Bittstellungen der jüdischen Gemeinden an den Staat gehandhabt werden. Die Notwendigkeit dieses Schutzes ist nach 70 Jahren Grundgesetz in Deutschland schlimm genug. Viel schlimmer ist es, dass er nicht flächendeckend aufgebracht wird. 

Kristin Braband 

Ronen Steinke. Terror gegen Juden. Berlin/München 2020 

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