Juliane Leopold & Patrick Gensing 28. August 2019 Logo_Initiative_print.png

Fak­ten finden

Die Recher­che­re­dak­tion „ARD-Fak­ten­fin­der“ leis­tet Auf­klä­rung über unse­riöse Quel­len und Falschinformationen

Seit dem April 2017 gibt es den ARD-Faktenfinder unter dem Dach von tagesschau.de. Der ARD-Faktenfinder ist eine Rechercheredaktion, die sich mit fragwürdigen Behauptungen, gezielten Falschmeldungen und irreführenden Inhalten beschäftigt. Der Aufbau des ARD-Faktenfinders war eine Reaktion auf die US-Präsidentschaftswahl 2016, als Verschwörungstheorien wie von einem Kinderpornoring, gehackte E-Mails, Manipulationsversuche aus Russland sowie zahlreiche Lügen den Wahlkampf überschatteten. Im Hinblick auf die Bundestagswahl 2017 wollte die ARD daher vorbereitet sein, um auf Fake News, die wir als gezielt und bewusst gestreute Falschinformationen definieren, gewappnet zu sein. Ziel war und ist, der rasend schnellen Verbreitung von Falschinformationen über das Web im Web selbst wirksam etwas entgegenzusetzen.

Seit seinem Start hat der ARD-Faktenfinder Hunderte Beiträge veröffentlicht: Nach Anschlägen haben wir schnell und gleichzeitig journalistisch seriös über Gerüchte und Lügen aufgeklärt, um unser Publikum gut zu informieren. In Wahlkämpfen haben wir die Strategien von „Troll-Fabriken“ erläutert und ganze Netzwerke von Fake-Profilen aufgedeckt. Wir haben erfundene Zitate sowie aus dem Kontext gerissene Bilder entdeckt und die Inhalte richtiggestellt. Der ARD-Faktenfinder hat Behauptungen über Kriminalität geprüft und hinterfragt Statistiken. Auch die ARD-Korrespondentinnen und -Korrespondenten unterstützen das Projekt durch Recherche, Fachwissen, Kontakte oder Beiträge: Sei es zu den Informationskriegen in Syrien und der Ukraine, chinesischer und russischer Staatspropaganda in den sozialen Medien oder fragwürdigen Aussagen von weltweit führenden Politikern – beispielsweise aus den USA, Brasilien, Großbritannien, Russland, Indien oder Pakistan.

Auch in Deutschland erreichen gezielte Falschmeldungen und irreführende Inhalte relevante Reichweiten; insbesondere Diskussionen im Kontext von Flucht und Migration werden von fragwürdigen Behauptungen und offenen Lügen begleitet. Hier zeigt sich, wie gezielte Falschmeldungen funktionieren und wirken: Eine einzelne Fake News zu einem beliebigen Thema wird kaum Aufmerksamkeit erzielen können, nur als Teil eines größeren Narrativs entfalten gezielte Falschmeldungen ihre volle zerstörerische Wirkung. Ein angebliches „Schweinefleischverbot“ in zwei Kindergärten wird so instrumentalisiert und umgehend zu einer vermeintlichen Unterwerfung Deutschlands vor einer angeblichen islamischen „Invasion“. Eine angeblich manipulierte Wetterkarte der Tagesschau wird zum vermeintlichen Beweis, dass die ARD eine „Klimahysterie“ schüre.

Fake-Profile heizen in sozialen Netzwerken gezielt die Stimmung gegen Minderheiten, die Politik und den Journalismus an, weil diese angeblich Teil eines Geheimplans seien, wonach die deutsche Bevölkerung „ausgetauscht“ werden soll. Solche gezielte Falschmeldungen und Legenden funktionieren fast immer nach dem Sündenbockprinzip, sie sollen Menschen verunsichern und verwirren, sie fachen Empörung und Wut an. Die Folge daraus ist ein gesellschaftliches Klima, in dem aus Lügen „alternative Fakten“ werden, „gefühlte Wahrheiten“ zum Leitstern wichtiger gesellschaftlicher Sachdebatten werden und die Grundlage seriöser journalistischer Berichterstattung insgesamt auf den Kopf gestellt wird. Ignorieren kann daher keine Option sein.

Der öffentlich-rechtliche Rundfunk hat den verfassungsrechtlich vorgegebenen Auftrag, einen Beitrag zur individuellen und öffentlichen Meinungsbildung zu leisten und so zu einem funktionierenden demokratischen Gemeinwesen beizutragen. Gezielte Falschmeldungen haben das Ziel, die Meinungsbildung zu manipulieren und so sachlich-orientierte Meinungsfindungsprozesse zu stören oder sogar zu verhindern. Daher ist das Widerlegen von gezielten Falschmeldungen ein zentraler Teil der Aufgaben und Funktion des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Zahlreiche Rückmeldungen von Zuschauerinnen und Zuschauern, von Kolleginnen und Kollegen sowie Expertinnen und Experten zeigen uns, dass dieses Angebot geschätzt und gerne angenommen wird. Der ARD-Faktenfinder konnte sich innerhalb weniger Monate etablieren.

Insbesondere in Zeiten, in denen Desinformationskampagnen und gezielte Falschmeldungen stark kursieren, kommt einer seriösen Berichterstattung eine ganz besondere Bedeutung zu. Der ARD-Faktenfinder ergänzt das öffentlich-rechtliche Nachrichtenangebot um eine Facette: Der Aufklärung über unseriöse Quellen sowie halbe Wahrheiten und glatte Lügen. Der Journalismus allgemein und der öffentlich-rechtliche Rundfunk im Besonderen werden die Herausforderungen durch Desinformation und gezielte Falschmeldungen zwar nicht allein lösen können, aber die ARD kann ihren Beitrag leisten, um Debatten zu versachlichen und die Wirkung von Desinformation einzudämmen.

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