Theresa Brüheim 4. Juli 2019 Logo_Initiative_print.png

Fai­sal Hamdo: Fern von Aleppo. Wie ich als Syrer in Deutsch­land lebe

Kapitel für Kapitel lese ich die ganz persönlichen, zum Teil intimen Erfahrungen Faisal Hamdos in Deutschland und Syrien – und mit jeder Seite schärft sich vor meinen Augen das Bild dieses jungen und zugleich lebenserfahrenen, dieses traditionellen und zugleich weltoffenen Syrers und zugleich Hamburgers. Es ist, als sitze er mir gegenüber und erzähle von seinem Leben. Seine Erfahrungen ähneln sicherlich vielen anderen – und dennoch sollte jeder sie gelesen haben. Denn seine Geschichte schafft allein durch Worte Begegnung zwischen Kulturen und Religionen – und an dieser mangelt es vielerorts schmerzlich.

Hamdo teilt seinen unverstellten Blick auf die deutsche Gesellschaft mit jeder Leserin und jedem Leser: Er berichtet, wie er nach seiner Flucht aus Syrien zuerst in einem Hamburger Altenheim arbeitete. Dort nahm er an, dies sei das einzige in der ganzen Stadt – denn in seiner Heimat Aleppo, einer Millionenstadt, gab es vor dem Krieg kaum solche. Man pflegte die Eltern, Großeltern und andere Angehörige eben zu Hause – zwar weniger professionell, dafür umso selbstverständlicher.

Mit seiner authentisch naiven Verwunderung hält er seinen Leserinnen und Lesern einen Spiegel vors Gesicht – man beginnt, sich Fragen zu stellen, deren Antworten man bereits zu kennen schien. Aber auch seine Erinnerungen an die syrische Heimat sind nicht frei von unterschwelliger Kritik: Wenn er davon schreibt, wie in Syrien Regierungsfächer gelehrt wurden und auf die Regierungsbibel geschworen wurde, dann dankt man lauthals für das deutsche Schulsystem und lobt die europäische Demokratie. Deutschland und Syrien begegnen sich in Hamdos Buch auf Augenhöhe.

„Fern von Aleppo: Wie ich als Syrer in Deutschland lebe“ ist kein großes literarischeres Epos – und das im allerbesten Sinn: Es liest sich einfach und schnell, somit ist es zugänglich für viele. Es ist ehrlich und unverstellt, daher berührt es. Man möchte einfach nur sagen: „Danke, Faisal Hamdo, für diese Begegnung. Schön, Sie kennenzulernen.“

Theresa Brüheim

Faisal Hamdo. Fern von Aleppo: Wie ich als Syrer in Deutschland lebe. Edition Körber. Hamburg 2018

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