Sina Lau­ben­s­tein

Sina Lau­ben­s­tein betreut über Neue Deut­sche Medi­en­ma­cher e.V. das No Hate Speech Move­ment des Euro­pa­ra­tes in Deutsch­land. Ziel ist es, die schwei­gende Masse im Inter­net zu ermu­ti­gen und zu stär­ken, sich gegen Hass im Netz ein­zu­set­zen. Dafür wer­den Ansprech­part­ner und Hilfe sowie Hand­lungs­emp­feh­lun­gen gegeben.

Die Initia­tive kul­tu­relle Inte­gra­tion hat Sina Lau­ben­s­tein einige Fra­gen zu ihrer Arbeit im Rah­men des No Hate Speech Move­ment gestellt. Vie­len Dank, Sina Lau­ben­s­tein, für das Enga­ge­ment in die­ser wich­ti­gen Sache.

Sie arbei­ten für das Pro­jekt No Hate Speech Move­ment in Deutsch­land, eine Initia­tive des Euro­pa­ra­tes zur Men­schen­rechts­bil­dung und gegen Hass­rede im Inter­net. Warum hat der Euro­pa­rat diese Initia­tive ins Leben gerufen?
Der Euro­pa­rat hat das No Hate Speech Move­ment 2013 initi­iert, nach­dem inter­na­tio­nale Jugend­or­ga­ni­sa­tio­nen auf das Pro­blem von Hate Speech im Online-Raum auf­merk­sam gemacht haben – auch in Folge der Atta­cken auf Utøya 2011. Ziel der Bewe­gung war und ist es, vor allem junge Men­schen zu mobi­li­sie­ren: Diese sol­len sich auch im digi­ta­len Raum für Men­schen­rechte und demo­kra­ti­sche Werte ein­set­zen. Gleich­zei­tig sol­len die Men­schen, die von Hass im Netz betrof­fen sind, empowert wer­den. Ziel ist es, die­sen zu zei­gen, dass sie nicht alleine sind und eine Mehr­heit der Gesell­schaft Hass und Hetze auch im Online-Raum nicht akzeptiert.

„Junge Men­schen sol­len sich auch im digi­ta­len Raum für Men­schen­rechte einsetzen.“

Was wird unter Hate Speech, also Hass­rede, verstanden?
Die Defi­ni­tion von Hate Speech wird tat­säch­lich sehr kon­tro­vers dis­ku­tiert, auch oder gerade weil sie poli­tisch so stark umkämpft ist. In Deutsch­land gibt es keine juris­ti­sche Kate­go­rie für den Begriff Hate Speech, genauso wenig taucht er in der Kri­mi­nal­sta­tis­tik der Poli­zei auf, auch wenn es natür­lich Straf­tat­be­stände gibt, die unter Hate Speech fal­len, allen voran Belei­di­gung und Volksverhetzung.

Das No Hate Speech Move­ment Deutsch­land defi­niert Hate Speech als sprach­li­che Hand­lun­gen gegen Ein­zel­per­so­nen und/oder Grup­pen mit dem Ziel der Abwer­tung oder Bedro­hung auf­grund ihrer Zuge­hö­rig­keit zu einer benach­tei­lig­ten Gruppe in der Gesell­schaft. Der Begriff umfasst ver­schie­dene Dis­kri­mi­nie­rungs­for­men, u. a. Sexis­mus, Ras­sis­mus, Anti­se­mi­tis­mus, Anti­zi­ga­nis­mus, Klas­sis­mus, Ableis­mus, Homo- und Transphobie.

Wie kann man sich gegen Hate Speech wapp­nen? Was kann jeder Ein­zelne dage­gen tun, auch wenn er bzw. sie selbst nicht direkt betrof­fen ist?
Es gibt ver­schie­dene Dinge, die wir alle gegen Hass im Netz unter­neh­men kön­nen und soll­ten. Ob wir nun Gegen­re­den, Kom­men­tare mel­den, uns mit Freun­din­nen und Freun­den und/oder Kol­le­gin­nen und Kol­le­gen dar­über aus­tau­schen – Haupt­sa­che wir machen irgend­was, denn Igno­rie­ren ist keine Option.

Für mich am wich­tigs­ten sind die Men­schen, die von Hetze und Men­schen­feind­lich­keit betrof­fen sind, online wie off­line. Sie soll­ten im Fokus unse­rer Auf­merk­sam­keit ste­hen, sie soll­ten wir unter­stüt­zen, mit ihnen müs­sen wir uns soli­da­ri­sie­ren. Und das kann wirk­lich ganz ein­fach sein, bei­spiels­weise durch eine pri­vate Nach­richt, um zu zei­gen und sagen: Du bist nicht allein.

„Hate Speech im Inter­net bedroht also die Mei­nungs­frei­heit und -vielfalt.“

Das Pro­jekt beab­sich­tigt unter ande­rem die Stär­kung der Men­schen­rechte. Wie stark sind diese durch Hate Speech im Inter­net bedroht?
Das Inter­net und die sozia­len Medien sind ein öffent­li­cher Raum: Men­schen, ins­be­son­dere junge Men­schen, ent­fal­ten sich im digi­ta­len Raum, äußern ihre Mei­nung, dis­ku­tie­ren mit­ein­an­der. Hate Speech ver­hin­dert all das: Umfra­gen bestä­ti­gen, dass Men­schen ihre Mei­nun­gen nicht mehr äußern wol­len, weil sie nega­tive bis hass­erfüllte Rück­mel­dun­gen befürch­ten. Hate Speech im Inter­net bedroht also die Mei­nungs­frei­heit und -viel­falt, greift aber auch ganz mas­siv die Men­schen­würde an: Denn Sexis­mus, Ras­sis­mus und Co. haben wenig mit Würde zu tun und sind schon gar nicht Basis eines Austauschs.

Übri­gens: Nur weil man gegen Hate Speech ist, bedeu­tet das nicht, dass man nicht mehr kri­ti­sie­ren oder strei­ten darf. Im Gegen­teil: Wir brau­chen Aus­tausch, wir brau­chen Dis­kus­sion, wir brau­chen Kri­tik. Was nie­mand braucht, sind Hetze und Men­schen­feind­lich­keit – denn das hat mit Aus­tausch, Dis­kus­sion und Kri­tik nichts zu tun.

Was bedeu­tet für Sie per­sön­lich „Zusam­men­halt in Vielfalt“?
„Zusam­men­halt in Viel­falt“ sollte mei­ner Mei­nung nach die Ant­wort sein auf all die spal­te­ri­schen Ten­den­zen, die wir seit eini­gen Jah­ren beob­ach­ten. Kein Wunsch­traum, son­dern Tat­sa­che – kein Gegen­ein­an­der, son­dern Mit­ein­an­der. Wir sind eine offene und viel­fäl­tige Gesell­schaft, wir bewei­sen tag­täg­lich, wie Viel­falt funk­tio­niert. Viel­falt ist eine Stärke, die wir nut­zen soll­ten – gemeinsam.

Vie­len Dank.

Wei­tere Infor­ma­tio­nen über das No Hate Speech Move­ment fin­den Sie auf der Web­site der Neuen Deut­schen Medi­en­ma­cher e.V. oder auf der Web­site des No Hate Speech Move­ment Deutsch­land.

Von |2020-02-04T14:28:43+01:00Juni 16th, 2019|Menschen|0 Kommentare